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Authors: Johann Wolfgang Von Goethe

Faust (44 page)

BOOK: Faust
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MEPHISTOPHELES.

 
Heut sind wir ihn vorbeigereist!
 
Wir haben ihn das letzte Mal gesprochen.
 
Von seinen Vettern wußt’ er viel zu sagen,
 
Viel Grüße hat er uns an jeden aufgetragen.
 
        (
Er neigt sich gegen
FROSCH.)

ALTMAYER
(
leise
.)

 
Da hast du’s! der versteht’s!

SIEBEL.

 
                                                  Ein pfiffiger Patron!

FROSCH.

 
Nun, warte nur, ich krieg’ ihn schon!

MEPHISTOPHELES.

 
Wenn ich nicht irrte, hörten wir
 
Geübte Stimmen Chorus singen?
 
Gewiß, Gesang muß trefflich hier
2200
Von dieser Wölbung widerklingen!

FROSCH.

 
Seid Ihr wohl gar ein Virtuos?

MEPHISTOPHELES.

 
O nein! die Kraft ist schwach, allein die Lust ist groß.

ALTMAYER.

 
Gebt uns ein Lied!

MEPHISTOPHELES.

 
                                   Wenn ihr begehrt, die Menge.

SIEBEL.

 
Nur auch ein nagelneues Stück!

MEPHISTOPHELES.

 
Wir kommen erst aus Spanien zurück,
 
Dem schönen Land des Weins und der Gesänge.
 
        (
Singt
.)
 
              Es war einmal ein König,
 
              Der hatt’ einen großen Floh—

FROSCH.

 
Horcht! Einen Floh! Habt ihr das wohl gefaßt?
2210
Ein Floh ist mir ein saubrer Gast.

MEPHISTOPHELES
(
singt
)
.

 
              Es war einmal ein König,
 
              Der hatt’ einen großen Floh,
 
              Den liebt’ er gar nicht wenig,
 
              Als wie seinen eignen Sohn.
 
              Da rief er seinen Schneider,
 
              Der Schneider kam heran:
 
              Da, miß dem Junker Kleider
 
              Und miß ihm Hosen an!

BRANDER.

 
Vergeßt nur nicht, dem Schneider einzuschärfen,
2220
Daß er mir aufs genauste mißt,
 
Und daß, so lieb sein Kopf ihm ist,
 
Die Hosen keine Falten werfen!

MEPHISTOPHELES.

 
              In Sammet und in Seide
 
              War er nun angetan,
 
              Hatte Bänder auf dem Kleide,
 
              Hatt’ auch ein Kreuz daran,
 
              Und war sogleich Minister,
 
              Und hatt’ einen großen Stern.
 
              Da wurden seine Geschwister
2230
              Bei Hof’ auch große Herrn.
 
              Und Herrn und Fraun am Hofe,
 
              Die waren sehr geplagt,
 
              Die Königin und die Zofe
 
              Gestochen und genagt,
 
              Und durften sie nicht knicken,
 
              Und weg sie jucken nicht.
 
              Wir knicken und ersticken
 
              Doch gleich, wenn einer sticht.

CHORUS
(
jauchzend
)
.

 
              Wir knicken und ersticken
2240
              Doch gleich, wenn einer sticht.

FROSCH.

 
Bravo! Bravo! Das war schön!

SIEBEL.

 
So soll es jedem Floh ergehn!

BRANDER.

 
Spitzt die Finger und packt sie fein!

ALTMAYER.

 
Es lebe die Freiheit! Es lebe der Wein!

MEPHISTOPHELES.

 
Ich tränke gern ein Glas, die Freiheit hoch zu ehren,
 
Wenn eure Weine nur ein bißchen besser wären.

SIEBEL.

 
Wir mögen das nicht wieder hören!

MEPHISTOPHELES.

 
Ich fürchte nur, der Wirt beschweret sich;
 
Sonst gäb’ ich diesen werten Gästen
2250
Aus unserm Keller was zum besten.

SIEBEL.

 
Nur immer her! ich nehm’s auf mich.

FROSCH.

 
Schafft Ihr ein gutes Glas, so wollen wir Euch loben.
 
Nur gebt nicht gar zu kleine Proben;
 
Denn wenn ich judizieren soll,
 
Verlang’ ich auch das Maul recht voll.

ALTMAYER
(
leise
)
.

 
Sie sind vom Rheine, wie ich spüre.

MEPHISTOPHELES.

 
Schafft einen Bohrer an!

BRANDER.

 
                                                  Was soll mit dem geschehn?
 
Ihr habt doch nicht die Fässer vor der Türe?

ALTMAYER.

 
Dahinten hat der Wirt ein Körbchen Werkzeug stehn.

MEPHISTOPHELES
(
nimmt den Bohrer
). (
Zu
FROSCH
).

2260
Nun sagt, was wünschet Ihr zu schmecken?

FROSCH.

 
Wie meint Ihr das? Habt Ihr so mancherlei?

MEPHISTOPHELES.

 
Ich stell’ es einem jeden frei.

ALTMAYER
(
zu
FROSCH
)
.

 
Aha! du fängst schon an, die Lippen abzulecken.

FROSCH.

 
Gut! wenn ich wählen soll, so will ich Rheinwein haben.
 
Das Vaterland verleiht die allerbesten Gaben.

MEPHISTOPHELES
(
indem er an dem Platz, wo
FROSCH
sitzt, ein Loch in den Tischrand bohrt
).

 
Verschafft ein wenig Wachs, die Pfropfen gleich zu machen!

ALTMAYER.

 
Ach, das sind Taschenspielersachen.

MEPHISTOPHELES
(
zu
BRANDER
)
.

 
Und Ihr?

BRANDER.

 
              Ich will Champagner Wein,
 
Und recht moussierend soll er sein!

MEPHISTOPHELES
(
bohrt; einer hat indessen die Wachspfropfen gemacht und verstopft
).

BRANDER.

2270
Man kann nicht stets das Fremde meiden,
 
Das Gute liegt uns oft so fern.
 
Ein echter deutscher Mann mag keinen Franzen leiden,
 
Doch ihre Weine trinkt er gern.

SIEBEL
(
indem sich
MEPHISTOPHELES
seinem Platze nähert
).

 
Ich muß gestehn, den sauren mag ich nicht,
 
Gebt mir ein Glas vom echten süßen!

MEPHISTOPHELES
(
bohrt
)
.

 
Euch soll sogleich Tokayer fließen.

ALTMAYER.

 
Nein, Herren, seht mir ins Gesicht!
 
Ich seh’ es ein, ihr habt uns nur zum besten.

MEPHISTOPHELES.

 
Ei! Ei! Mit solchen edlen Gästen
2280
Wär’ es ein bißchen viel gewagt.
 
Geschwind! Nur grad’ heraus gesagt!
 
Mit welchem Weine kann ich dienen?

ALTMAYER.

 
Mit jedem! Nur nicht lang gefragt.
 
        
(
Nachdem die Löcher alle gebohrt und verstopft sind.)

MEPHISTOPHELES
(
mit seltsamen Gebärden
)
.

 
              Trauben trägt der Weinstock!
 
              Hörner der Ziegenbock;
 
              Der Wein ist saftig, Holz die Reben,
 
              Der hölzerne Tisch kann Wein auch geben.
 
              Ein tiefer Blick in die Natur!
 
              Hier ist ein Wunder, glaubet nur!
2290
Nun zieht die Pfropfen und genießt!

ALLE
(
indem sie die Pfropfen ziehen und jedem der verlangte Wein ins Glas läuft
)
.

 
O schöner Brunnen, der uns fließt!

MEPHISTOPHELES.

 
Nur hütet euch, daß ihr mir nichts vergießt!
 
        (
Sie trinken wiederholt
.)

ALLE
(
singen
)
.

 
Uns ist ganz kannibalisch wohl,
 
Als wie fünfhundert Säuen!

MEPHISTOPHELES.

 
Das Volk ist frei, seht an, wie wohl’s ihm geht!

FAUST.

 
Ich hätte Lust, nun abzufahren.

MEPHISTOPHELES.

 
Gib nur erst acht, die Bestialität
 
Wird sich gar herrlich offenbaren.

SIEBEL
(
trinkt unvorsichtig, der Wein fließt auf die Erde und wird zur Flamme
)
.

 
Helft! Feuer! helft! Die Hölle brennt!

MEPHISTOPHELES
(
die Flamme besprechend
)
.

2300
Sei ruhig, freundlich Element!
 
        (
Zu dem Gesellen
.)
 
Für diesmal war es nur ein Tropfen Fegefeuer.

SIEBEL.

 
Was soll das sein? Wart! Ihr bezahlt es teuer!
 
Es scheinet, daß Ihr uns nicht kennt.

FROSCH.

 
Laß Er uns das zum zweiten Male bleiben!

ALTMAYER.

 
Ich dächt’, wir hießen ihn ganz sachte seitwärts gehn.

SIEBEL.

 
Was, Herr? Er will sich unterstehn,
 
Und hier sein Hokuspokus treiben?

MEPHISTOPHELES.

 
Still, altes Weinfaß!

SIEBEL.

 
                                   Besenstiel!
 
Du willst uns gar noch grob begegnen?

BRANDER.

2310
Wart’ nur, es sollen Schläge regnen!

ALTMAYER
(
zieht einen Pfropf aus dem Tisch, es springt ihm Feuer entgegen
)
.

 
Ich brenne! ich brenne!

SIEBEL.

 
                                                  Zauberei!
 
Stoßt zu! der Kerl ist vogelfrei!
 
        (
Sie ziehen die Messer und gehn auf
MEPHISTOPHELES
los
.)

MEPHISTOPHELES
(
mit ernsthafter Gebärde
)
.

 
              Falsch Gebild und Wort
 
              Verändern Sinn und Ort!
 
              Seid hier und dort!
 
        (
Sie stehn erstaunt und sehn einander an
.)
BOOK: Faust
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