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Authors: Johann Wolfgang Von Goethe

Faust (45 page)

BOOK: Faust
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ALTMAYER.

 
Wo bin ich? Welches schöne Land!

FROSCH.

 
Weinberge! Seh’ ich recht?

SIEBEL.

 
                                                  Und Trauben gleich zur Hand!

BRANDER.

 
Hier unter diesem grünen Laube,
 
Seht, welch ein Stock! Seht, welche Traube!
 
        (
Er faßt
SIEBELN
bei der Nase. Die andern tun es wechselseitig und heben die Messer
.)

MEPHISTOPHELES
(
wie oben
)
.

2320
Irrtum, laß los der Augen Band!
 
Und merkt euch, wie der Teufel spaße.
 
        (
Er verschwindet mit
FAUST
,
die Gesellen fahren auseinander
.)

SIEBEL.

 
Was gibt’s?

ALTMAYER.

 
              Wie?

FROSCH.

 
                                   War das deine Nase?

BRANDER
(
zu
SIEBEL
)
.

 
Und deine hab’ ich in der Hand!

ALTMAYER.

 
Es war ein Schlag, der ging durch alle Glieder!
 
Schafft einen Stuhl, ich sinke nieder!

FROSCH.

 
Nein, sagt mir nur, was ist geschehn?

SIEBEL.

 
Wo ist der Kerl? Wenn ich ihn spüre,
 
Er soll mir nicht lebendig gehn!

ALTMAYER.

 
Ich hab’ ihn selbst hinaus zur Kellertüre—
2330
Auf einem Fasse reiten sehn——
 
Es liegt mir bleischwer in den Füßen.
 
        (
Sich nach dem Tische wendend
.)
 
Mein! Sollte wohl der Wein noch fließen?

SIEBEL.

 
Betrug war alles, Lug und Schein.

FROSCH.

 
Mir deuchte doch, als tränk’ ich Wein.

BRANDER.

 
Aber wie war es mit den Trauben?

ALTMAYER.

 
Nun sag’ mir eins, man soll kein Wunder glauben!
HEXENKÜCHE

Auf einem niedrigen Herde steht ein großer Kessel über dem Feuer. In dem Dampfe, der davon in die Höhe steigt, zeigen sich verschiedene Gestalten. Eine Meerkatze sitzt bei dem Kessel und schäumt ihn, und sorgt, daß er nicht überläuft. Der Meerkater mit den Jungen sitzt darneben und wärmt sich. Wände und Decke sind mit dem seltsamsten Hexenhausrat ausgeschmückt.

Faust, Mephistopheles
.

FAUST.

 
Mir Widersteht das tolle Zauberwesen!
 
Versprichst du mir, ich soll genesen
 
In diesem Wust von Raserei?
2340
Verlang’ ich Rat von einem alten Weibe?
 
Und schafft die Sudelköcherei
 
Wohl dreißig Jahre mir vom Leibe?
 
Weh mir, wenn du nichts Bessers weißt!
 
Schon ist die Hoffnung mir verschwunden.
 
Hat die Natur und hat ein edler Geist
 
Nicht irgendeinen Balsam ausgefunden?

MEPHISTOPHELES.

 
Mein Freund, nun sprichst du wieder klug!
 
Dich zu verjüngen, gibt’s auch ein natürlich Mittel;
 
Allein es steht in einem andern Buch,
2350
Und ist ein wunderlich Kapitel.

FAUST.

 
Ich will es wissen.

MEPHISTOPHELES.

 
                                   Gut! Ein Mittel, ohne Geld
 
Und Arzt und Zauberei zu haben:
 
Begib dich gleich hinaus aufs Feld,
 
Fang an zu hacken und zu graben,
 
Erhalte dich und deinen Sinn
 
In einem ganz beschränkten Kreise,
 
Ernähre dich mit ungemischter Speise,
 
Leb mit dem Vieh als Vieh, und acht es nicht für Raub,
 
Den Acker, den du erntest, selbst zu düngen;
2360
Das ist das beste Mittel, glaub,
 
Auf achtzig Jahr dich zu verjüngen!

FAUST.

 
Das bin ich nicht gewöhnt, ich kann mich nicht bequemen,
 
Den Spaten in die Hand zu nehmen.
 
Das enge Leben steht mir gar nicht an.

MEPHISTOPHELES.

 
So muß denn doch die Hexe dran.

FAUST.

 
Warum denn just das alte Weib!
 
Kannst du den Trank nicht selber brauen?

MEPHISTOPHELES.

 
Das wär’ ein schöner Zeitvertreib!
 
Ich wollt’ indes wohl tausend Brücken bauen.
2370
Nicht Kunst und Wissenschaft allein,
 
Geduld will bei dem Werke sein.
 
Ein stiller Geist ist Jahre lang geschäftig,
 
Die Zeit nur macht die feine Gärung kräftig.
 
Und alles, was dazu gehört,
 
Es sind gar wunderbare Sachen!
 
Der Teufel hat sie’s zwar gelehrt;
 
Allein der Teufel kann’s nicht machen.
 
        (
Die
TIERE
erblickend
.)
 
Sieh, welch ein zierliches Geschlecht!
 
Das ist die Magd! das ist der Knecht!
 
        (
Zu den
TIEREN.)
2380
Es scheint, die Frau ist nicht zu Hause?

DIE TIERE.

 
              Beim Schmause,
 
              Aus dem Haus
 
              Zum Schornstein hinaus!

MEPHISTOPHELES.

 
Wie lange pflegt sie wohl zu schwärmen?

DIE TIERE.

 
So lange wir uns die Pfoten wärmen.

MEPHISTOPHELES
(
zu
FAUST
)
.

 
Wie findest du die zarten Tiere?

FAUST.

 
So abgeschmackt, als ich nur jemand sah!

MEPHISTOPHELES.

 
Nein, ein Diskurs wie dieser da
 
Ist grade der, den ich am liebsten führe!
 
        (
Zu den
TIEREN.)
2390
So sagt mir doch, verfluchte Puppen,
 
Was quirlt ihr in dem Brei herum?

DIE TIERE.

 
Wir kochen breite Bettelsuppen.

MEPHISTOPHELES.

 
Da habt ihr ein groß Publikum.

DER KATER
(
macht sich herbei und schmeichelt dem
MEPHISTOPHELES
)
.

 
              O würfle nur gleich
 
              Und mache mich reich,
 
              Und laß mich gewinnen!
 
              Gar schlecht ist’s bestellt,
 
              Und wär’ ich bei Geld,
 
              So wär’ ich bei Sinnen.

MEPHISTOPHELES.

2400
Wie glücklich würde sich der Affe schätzen,
 
Könnt’ er nur auch ins Lotto setzen!
 
        (
Indessen haben die jungen Meerkätzchen mit einer großen Kugel gespielt und rollen sie hervor.
)

DER KATER.

 
              Das ist die Welt;
 
              
Sie steigt und fällt
 
              Und rollt beständig;
 
              Sie klingt wie Glas—
 
              Wie bald bricht das!
 
              Ist hohl inwendig.
 
              Hier glänzt sie sehr,
 
              Und hier noch mehr:
2410
              Ich bin lebendig!
 
              Mein lieber Sohn,
 
              Halt dich davon!
 
              Du mußt sterben!
 
              Sie ist von Ton,
 
              Es gibt Scherben.

MEPHISTOPHELES.

 
Was soll das Sieb?

DER KATER
(
holt es herunter
)
.

 
              Wärst du ein Dieb,
 
              Wollt’ ich dich gleich erkennen.
 
        (
Er läuft zur
KÄTZIN
und läßt sie durchsehen
.)
 
              Sieh durch das Sieb!
2420
              Erkennst du den Dieb,
 
              Und darfst ihn nicht nennen?

MEPHISTOPHELES
(
sich dem Feuer nähernd
)
.

 
Und dieser Topf?

KATER UND KÄTZIN.

 
              Der alberne Tropf!
 
              Er kennt nicht den Topf,
 
              Er kennt nicht den Kessel!

MEPHISTOPHELES.

 
Unhöfliches Tier!

DER KATER.

 
              Den Wedel nimm hier
 
              Und setz’ dich in Sessel!
 
        (
Er nötigt den
MEPHISTOPHELES
zu sitzen
.)

FAUST
(
welcher diese Zeit über vor einem Spiegel gestanden, sich ihm bald genähert, sich von ihm entfernt hat
)
.

 
Was seh’ ich? Welch ein himmlisch Bild
2430
Zeigt sich in diesem Zauberspiegel!
 
O Liebe, leihe mir den schnellsten deiner Flügel,
 
Und führe mich in ihr Gefild!
 
Ach! wenn ich nicht auf dieser Stelle bleibe,
 
Wenn ich es wage, nah zu gehn,
 
Kann ich sie nur als wie im Nebel sehn!—
 
Das schönste Bild von einem Weibe!
 
Ist’s möglich, ist das Weib so schön?
 
Muß ich an diesem hingestreckten Leibe
 
Den Inbegriff von allen Himmeln sehn?
2440
So etwas findet sich auf Erden?

MEPHISTOPHELES.

 
Natürlich, wenn ein Gott sich erst sechs Tage plagt,
 
Und selbst am Ende Bravo sagt,
 
Da muß es was Gescheites werden.
 
Für diesmal sieh dich immer satt;
 
Ich weiß dir so ein Schätzchen auszuspüren,
 
Und selig, wer das gute Schicksal hat,
 
Als Bräutigam sie heimzuführen!
 
        
(
FAUST
sieht immerfort in den Spiegel.
MEPHISTOPHELES
, sich in dem Sessel dehnend und mit dem Wedel spielend, fährt fort zu sprechen.)
 
Hier sitz’ ich wie der König auf dem Throne,
 
Den Zepter halt’ ich hier, es fehlt nur noch die Krone.

DIE TIERE
(
welche bisher allerlei wunderliche Bewegungen durcheinander gemacht haben, bringen dem
MEPHISTOPHELES
eine Krone mit großem Geschrei).

2450
              O sei doch so gut,
 
              Mit Schweiß und mit Blut
 
              Die Krone zu leimen!
 
        (
Sie gehn ungeschickt mit der Krone um und zerbrechen sie in zwei Stücke, mit welchen sie herumspringen
.)
 
              Nun ist es geschehn!
 
              Wir reden und sehn,
 
              Wir hören und reimen—
BOOK: Faust
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