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Authors: Allan Guthrie

Hard Man (10 page)

BOOK: Hard Man
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Wallace. Teufelsvater. Die Nemesis der Baxters. Hatte dem dicken Rog die Knie voll Blei gepumpt. Der Wichser hatte doch nicht mehr alle Tassen im Schrank, verflucht noch mal. Was hatte Rog gemacht, dass er so ausflippte? Der Fettsack würde eine Weile im Krankenhaus liegen und, sofern man den Zeitungen glauben durfte, im Rollstuhl sitzen, wenn er rauskam. Würde wahrscheinlich nie wieder laufen können.

Doch war Wallace es wirklich gewesen? Sehr gut möglich, dass Rog jemand anderem ans Bein gepinkelt hatte. Aber jemandem mit so einem sadistischen Gemüt? Jemandem, der so stinksauer war, dass er bei einem zu Hause einbrach und ihm ein paar Kugeln verpasste? Nun, Pearce fielen da schon ein, zwei Kandidaten ein. Wenn man ihn entsprechend provozierte, war Cooper dazu fähig, ohne mit der Wimper zu zucken. Allerdings war der ja noch im Gefängnis. Und Seamus, sein alter Zellenkumpan, hätte nicht mal geblinzelt. Leuten, die er nicht mochte, pflegte er mit einer Machete Stücke aus dem Rumpf zu schneiden. Bei lebendigem Leib, wohlgemerkt.

Nach dem allabendlichen Einschluss hatte Pearce manchmal schlecht schlafen können, wenn er wusste, dass Seamus im selben Raum war. Ob nun mit Machete oder ohne.

Pearce hielt durch bis zum Abend. Dann kapitulierte er. Er hatte das Foto von May in eine Schublade in der Küche gesteckt, nachdem er beschlossen hatte, dass Baxters Angebot nichts für ihn war. War nicht fähig gewesen, es in den Müll zu werfen, obwohl er nicht genau wusste, warum. Jetzt suchte er es heraus und strich den leichten Knick in der Ecke rechts oben glatt.

Er drehte es um und wählte die Nummer auf der Rückseite.

Ein Mädchen nahm ab. »Wer ist da?«, fragte Pearce.

»May.« Sie hörte sich verärgert an. »Beeilung, ich bin auf dem Sprung.«

»Kann ich Baxter sprechen?«

»Wen wollen Sie, Flash oder Dad?«

»Ich hätte gern Dad, bitte.«

Als Baxter ans Telefon kam, sagte Pearce: »Ich muss mit Ihnen reden.«

»Worüber?«

»Wallace«, sagte Pearce.

»Haben Sie’s sich anders überlegt?«

»Das hab ich nicht gesagt. Ich will nur mit Ihnen reden.«

»Wollen Sie herkommen?«

»Nee.«

Nach einer Weile sagte Baxter: »Ach, verstehe. Bin schon unterwegs.«

 

Die Baxters hatten Fisch zum Abendessen. Pearce roch ihn, sobald sie durch die Tür kamen. Hilda ebenfalls. Er kam aus dem Wohnzimmer, schaute sich rasch um und wedelte mit dem Schwanz wie eine ausgeflippte Klapperschlange, dann legte er sich wieder in sein Körbchen.

»Komischer Hund«, sagte Flash. »Was für eine Sorte ist das?«

Pearce sagte es ihm. Von einem Dandie Dinmont hatte Flash noch nie gehört. Er schlurfte so verkrümmt mit den Händen in den Taschen herum, dass es aussah, als würde er sich gleich in seinen eigenen Magen zusammenziehen.

Dad streckte Pearce die Hand entgegen. Wenigstens er wahrte einen Anschein von Höflichkeit. Sein Gesicht erinnerte Pearce an einen Autodieb, mit dem er einen Monat lang die Zelle geteilt hatte. Ein Typ namens Rocky. Wenn man ihm die Nase abgeschnitten hätte, wäre das noch eine Verbesserung gewesen. Rocky hatte allerdings nicht diese dunklen Blutergüsse unter den Augen.

»Hatte euch nicht beide erwartet«, sagte Pearce.

»Flash macht sich genauso Sorgen um May wie ich«, sagte Baxter.

»Wo ist sie jetzt?«

»Besucht ihren Bruder im Krankenhaus«, sagte Flash. »Wo Wallace ihn hinbefördert hat.«

»Ist sie dort sicher?«

»Na klar«, sagte Baxter. »Öffentlicher Ort. Sie ist mit einem Freund von mir da. Und wenn wir hier weggehen, holen wir die beiden ab.«

»Mit dem Baby alles in Ordnung?«, fragte Pearce.

»May regt sich auf«, sagte Baxter. »Wie wir alle. Aber diesmal war der Schaden bei May psychologisch. Körperlich geht’s ihr gut.«

»Gut«, sagte Pearce. Flash fragte er: »Hast du wieder ‘n Messer dabei, harter Mann?«

Flashs Hand legte sich vor seinen Unterleib. Er sagte nichts.

Pearce drehte sich um und ging ins Wohnzimmer voraus. Die Baxters nahmen den Fischgeruch mit, als sie ihm folgten. Und Pearce wurde klar, weshalb ihm Rocky eingefallen war. Rocky hatte behauptet, ein Rochen sei ein perfekter sexueller Ersatz für eine Frau. Er schwor darauf. War offenbar genau wie das Original. Er riet Pearce, einfach mal die Deep Sea World in North Queensferry zu besuchen, um zu sehen, ob er nicht die Wahrheit sagte. >Das ist cool da<, sagte Rocky. >In diesen Glastunneln schwimmen da ganze Schwärme von Plattfischen über deinem Kopf rum. Ehrlich, Mann, die haben auffällig mösenartig aussehende Mosen. Und wenn du mal anfassen und nicht nur gucken willst, dann weiß ich ‘nen guten Fischhändler in Slateford.<

Unwillkürlich fragte Pearce sich, ob die Baxters wohl ‘nen Rochen gevögelt hatten.

»Was ist denn so lustig?«, sagte Jacob Baxter und blieb mit verschränkten Armen vor Pearce stehen.

Pearce schüttelte den Kopf. »Setzt euch«, sagte er. Dann, um ihn auf andere Gedanken zu bringen: »Was macht die Gattin?«

Baxter starrte ihn an. »Sie ist tot«, sagte er.

»Oh«, sagte Pearce. »Das tut mir leid.«

»Ist schon ‘ne Weile her«, teilte Baxter ihm mit. »Über das Schlimmste bin ich weg.«

Pearce verschränkte die Arme. »Und Rog?«

Baxter zuckte die Achseln. »Der wird so schnell nicht wieder laufen können.« Er atmete schwer aus. »Aber er lebt. Was dagegen, wenn ich rauche?«

»Solange Sie nichts dagegen haben, wenn ich zu Ihnen komme und Ihnen den Teppich vollpisse«, meinte Pearce.

»Hatte ich vergessen«, sagte Baxter. »Weshalb wollten Sie mit uns reden?«

»Ich weiß, was passiert ist«, sagte Pearce. »Ich hab’s in der Zeitung gelesen. Ich wüsste gern von Ihnen, warum.«

Baxter stand noch eine Weile da, bevor er sich endlich dazu entschloss, den Hintern auf das Sofa von Pearces Mum zu pflanzen. Zuvor wischte er das Kissen ab, als wären Krümel oder Hundehaare drauf. Es waren keine Hundehaare drauf, denn Pearce ließ Hilda nicht auf das Sofa. Sie hatten ein Abkommen. Der kleine Scheißer hatte sein Körbchen drüben am Fenster, und Pearce versuchte nie, sich reinzulegen.

Bei Flash war das allerdings nicht so sicher. Eben gerade ging er rüber. Beugte sich herunter, brabbelte auf Hilda ein. Hilda sperrte den Mund auf und ließ die Zunge raushängen. Fasziniert von dem fehlenden Bein starrte Flash ihn an. Hildas Schwanz ging wieder hin und her. Wenn das Vieh nicht grade feige war, war es ‘ne Nutte.

Pearce konzentrierte sich wieder auf Baxter. Baxter schniefte, steckte eine Hand in die Jackentasche, zog sie leer wieder heraus. Mit der Handfläche fuhr er sich über die Stirn.

»Will niemand was sagen?«, fragte Pearce.

Flash richtete sich auf, verlagerte das bisschen Gewicht, das er hatte, von einem Fuß auf den andern, sah allerdings nicht danach aus, als würde er in nächster Zeit den Mund aufmachen.

»Spielt das eine Rolle?«, sagte Baxter.

»Sagen Sie’s mir. Dann entscheide ich.«

»Um Himmels willen, Pearce, Sie haben doch gesehen, was er mit dem Hund gemacht hat.«

Pearce, hä? Was war mit dem >Mister< passiert? »Stimmt«, sagte Pearce. »Aber nach dem Hund hab ich nicht gefragt.«

Baxter schürzte die Lippen; tiefe Furchen verliefen über sein Kinn. »Und Rog? Was war das? Ein verzeihlicher Wutausbruch?«

»Woher wissen Sie, dass es Wallace war?«

»Meinen Sie das jetzt ernst?«

»Völlig.«

Baxter lehnte sich auf dem Sofa zurück und streckte sich. Dann richtete er sich jäh wieder auf. »Das bleibt unter uns«, sagte er.

Nachdem Pearce genickt hatte, erzählte Baxter ihm, dass Rog versucht hatte, Wallace umzubringen. Dass Rog es vermasselt hatte. Dass Wallace die Kanone zu fassen bekommen hatte. Dass Wallace gedroht hatte, Rog in die Kniescheiben zu schießen.

»Lassen Sie mich das mal klarstellen«, sagte Pearce. »Rog hat also vorgehabt, Wallace umzubringen?«

Flash näherte sich Pearce, die Hände in den Hosentaschen. »Verflucht richtig.«

»Und er hat’s versaut?«

Flash nickte.

»Und Wallace hat ihm ‘ne Lektion erteilt, indem er ihm ’n paar Kugeln verpasst hat?«

»Na ja, so würde ich die Sache nicht sehen, Mr. Pearce.«

»Aber so wird Wallace die Sache wohl sehen.«

Stille. Dann sagte Baxter: »Die entscheidende Frage ist doch, wie sehen
Sie
die Sache?«

Pearce schnalzte mit der Zunge und sagte: »Rog hat’s herausgefordert.«

 

Um zehn Uhr führte Pearce Hilda zu einem Abendspaziergang aus. Ging bis ans Ende der Straße, wo sie einer aufgedonnerten kleinen alten Lady mit hochtoupierten Haaren begegneten, die von einer Seite der Straße auf die andere schwankte. Ob das prekäre Gleichgewicht ihrem Alkoholkonsum zuzuschreiben war oder ihren hohen Stöckelabsätzen, konnte man nur vermuten. Sie machte allerdings einen glücklichen Eindruck.

An der Treppe hinunter zum Strand ließ er Hilda von der Leine. Als er nach links schaute, sah er einen Typen in einem rosa Anzug, vielleicht auch rot, schwer zu sagen in dem Licht, das von dem Pub an der Ecke auf den Gehsteig fiel. Der Typ schleppte einen Koffer und sah aus wie ein Penner.

Pearce wollte keine Scherereien. Hoffte, der Penner würde ihm nicht bis zum Strand folgen.

Hilda hopste davon, schnüffelte im Sand, schnaufte. Jetzt würde er gleich anfangen, das langsam blinkende Licht vom Leuchtturm auf der Insel drüben im Westen zu verbellen.

Pearce folgte ihm in Richtung Meer über den lockeren Sand zum festeren Untergrund weiter draußen. Links von ihm hob ein Schwarm Vögel ab, zu weit entfernt, um die Art zu erkennen, und schwebte übers Wasser, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Die Wellen klatschten und plätscherten und machten ein Geräusch wie raschelndes Papier.

Über ihm das Dröhnen eines Flugzeugs. Er widerstand der Versuchung, hinaufzuschauen.

»Hilda«, sagte er, nicht laut. Er meinte den Hund, doch seine Gedanken fingen an, um seine Mutter zu kreisen. Sie hatte ihr ganzes Leben lang in Edinburgh gelebt, aber er erinnerte sich nicht, dass sie je mit ihm zum Strand gegangen war.

»Der ganze Sand.«

»Klar, Mum.«

»Den kriegt man in die Schuhe.«

»Klar. Zieh sie aus.«

»Igitt. Der ganze Dreck zwischen den Zehen.«

»Klar, ich weiß.«

»In den Haaren. Überall.«

»Ich weiß.« Aber es hätte ihr gefallen.

Die Wellen rollten auf ihn zu. Jede eine Geburt und ein Tod. Er blickte in die Ferne. Wurde schwermütig. Eine Geburt und ein Tod? Scheiß drauf. Scheißwellen waren das. Er sollte wieder nach Hause gehen. Hilda hatte genügend Zeit zum Pinkeln gehabt. Wo war denn der kleine Scheißer? »Hilda?«, sagte er in gespielt ernstem Tonfall.

Er drehte sich um, schaute zurück. Fußspuren im Sand. Die Straßenlaternen entlang der Promenade produzierten ein seltsames orangefarbenes Leuchten überall. Er spähte durch die zusammengekniffenen Augen, was nichts änderte, und rief erneut nach dem Hund. Ehe er sich’s versah, war Hilda noch drei Meter entfernt und kam näher, ein breites Grinsen im Gesicht, sprang er auf seinen beiden Hinterbeinen und hoppelte auf dem einen vorne.

»Spring!«, sagte Pearce, als Hilda nahe genug war.

Mit einem leisen Kläffen sprang Hilda in die Höhe.

Pearce fing ihn auf, bekam einmal die Hundezunge quer übers Gesicht und feuchten Sand auf den Arm. Nicht übel. Der kleine Kerl hatte was drauf. Er hatte nicht lange gebraucht, um das zu lernen. Überhaupt nicht lange. Und er fiel kaum noch um.

 

Im Auto sprach Flash mit Dad und erklärte ihm seinen Plan, aber Dad hörte nicht zu, er war wegen seiner Nase beim Arzt gewesen und hatte sie verbunden bekommen, und jetzt musste Flash es ihm noch mal erzählen und sagte, na ja, das sei vermutlich der verrückteste Plan, den Dad je gehört hatte, aber Dad sagte, er hätte schon Verrückteres gehört und dass es den Versuch wert sei, denn sie hätten nichts zu verlieren, und sie hätten nicht genug Kohle übrig, um jemanden dafür zu interessieren, Wallace umzubringen, also wieso nicht?

»Im Ernst?« Flash hatte ein gutes Gefühl, hatte das Gefühl, endlich etwas zu unternehmen.

Dad nickte, und Flash ging es sogar noch besser. Als sie dann beim Krankenhaus ankamen, hatte Flash Schuldgefühle, weil es ihm so gut ging. Wünschte, er könnte Rog in seinen Plan einweihen, aber das war angesichts der Umstände nicht angebracht.

Es war hart gewesen, nicht nur für Rog, für alle. Flashs erste Reaktion war gewesen, direkt zu Wallace rüberzugehen und den Scheißkerl kaltzumachen, er hatte Dad gefragt, ob er noch eine Kanone besorgen und ihm geben könnte, doch Dad hatte Nein gesagt, er wollte nicht riskieren, dass noch ein Sohn zum Krüppel gemacht würde oder noch schlimmer, denn er war schon wegen Rog allein übel genug dran.

Nichts direkt gegen Wallace unternehmen zu können war schon beschissen, aber noch dazu mussten sie sich mit der Polizei herumschlagen. Diese Wichser glaubten ihnen doch kein Wort, als sie zu Protokoll gaben, Wallace sei für die Schüsse verantwortlich, und sagten, das seien alles nur Behauptungen und dass es keinerlei Beweis für die Annahme gebe, dass Wallace irgendwas damit zu tun hatte, und natürlich konnte Flash der Polizei nichts davon erzählen, dass Rog Wallace hatte abmurksen wollen, denn dann hätten sie ihn wegen versuchten Mordes oder so drangekriegt, was ja auch niemand wollte, also hatten sie das wahre Motiv von Wallace verschweigen müssen und versucht, die Polizei davon zu überzeugen, er sei sauer über ihren letzten Besuch gewesen, von dem die Polizei ja bereits ein Protokoll hatte. Aber da Wallace beim letzten Mal die Anzeige gemacht hatte und da Flash, Rog und Dad diejenigen gewesen waren, die im Knast gelandet waren, sah die Polizei in Wallace das unschuldige Opfer vom Ganzen, und es half ihnen nicht gerade, dass seine Frau ihn verlassen hatte, weil sie mit dem Baby eines anderen schwanger war. Oder dass er bedroht worden war.

Es war klar, dass die Scheißbullen keine anderen Verdächtigen hatten, aber daraufhatte Flash ja sowieso schon hingewiesen. Sie ließen sich nicht umstimmen.

»Ein Einbrecher höchstwahrscheinlich«, hatte der Detective zu ihm gesagt. Das Fenster hatte offen gestanden, was leichtsinnig war, echt scheißleichtsinnig, und Flash hatte sich darüber bei Dad beschwert, und Dad hatte gesagt: >Willst du damit sagen, dass Rog es sich selber zuzuschreiben hat?<, und Flash hatte den Mund gehalten, denn wenn Rog das Fenster hatte aufstehen lassen, dann war es genau das, was er damit sagte, und so was zu sagen war ganz schön scheißgemein.

BOOK: Hard Man
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