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Authors: Allan Guthrie

Hard Man (24 page)

BOOK: Hard Man
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»Ich fahr nirgendwohin mit dem Hund da.«

»Dann steig ich aus.« Sie langte nach dem Griff.

Er blickte über die Schulter. »Ich knall dich ab.«

»Dann kannst du mir aber nicht zeigen, was ich sehen soll.«

Wallace starrte sie an. »May, ich hätte gute Lust, es drauf ankommen zu lassen.«

Sie starrte zurück. »In fünf Sekunden steig ich mit Schnuckelchen aus.« Sie hielt inne.

Sie öffnete den Mund wieder, um mit Zählen anzufangen, aber Wallace schnitt ihr das Wort ab. »Scheiße noch mal, meinetwegen«, sagte er. Das Auto fuhr ruckelnd an, weil Wallace mit der Gangschaltung nicht zurechtkam. Kurz darauf hatte er den Dreh heraus und lenkte mit einer Hand. »Ich weiß nicht, wo ich hinfahren soll, May.«

»Zum Tierarzt.«

»Das
weiß ich. Ich weiß nur nicht, wo einer ist.«

»Na ja, irgendwo in der Gegend hier muss es ja einen geben. Jeder hat doch ‘nen Pitbull oder ’nen Rottweiler oder ‘nen Dobermann. Der Bruder von Joanne hat ’ne Eidechse. Hab ich dir das schon erzählt?« Sie entdeckte eine vermutlich Ortskundige, die auf sie zukam. »Fahr links ran, und frag das Muttchen mit dem Pudel.«

»Wieso soll die das wissen?«

May hatte eine echte Dumpfbacke geheiratet. Eine echt begriffsstutzige, gewalttätige Dumpfbacke. »Sie führt grade ihren Hund Gassi«, erklärte sie ihm. »Sie muss hier in der Gegend wohnen. Also hat sie ihn wahrscheinlich irgendwann schon mal zum Tierarzt gebracht, klar?«

Wallace fing ihren Blick im Rückspiegel auf. »Hat dir schon mal einer gesagt, dass du ‘ne unverschämte kleine Schlampe bist?«

»Klar«, sagte sie. »Mein Mann. Andauernd.«

»Hört sich an wie ‘n Typ, der weiß, was er sagt.«

Von wegen, er war ein Wichser vor dem Herrn. Mann Gottes. Sie drückte ihre Handtasche fester an sich und ließ den Verschluss aufschnappen. Wenn er nicht endlich die Schnauze hielt, würde sie seine Eier mit Dirk Bekanntschaft machen lassen. Mal sehen, wie ihm das gefiel.

… oder Jacob konnte Folgendes machen.

Er trat von der Tür des Wandschranks zurück und zielte mit dem Revolver auf das Schloss. Dachte sich, dass er, wenn er schoss, rauskommen würde, Flash auf dem Festnetz anrufen und May retten könnte, bevor Wallace ihr antat, was er ihr antun wollte.

Bitte, Gott.

Er hatte keine Zeit mehr, weiter rumzuhängen und Norrie zu fragen, warum er getan hatte, was er getan hatte. Viel konnte Norrie ihm sowieso nicht erzählen.

Jacob tupfte sich mit dem Handrücken das linke Auge. Er weinte nicht wegen Norries Verrat. Nein, er weinte, weil er May verlieren würde. Er wusste es.

Er musste sich beeilen.

Er drückte ab.

Riesengetöse.

So laut, dass ihm das Auge brannte. Und es brannte immer noch. Er konnte damit nicht mehr sehen. Er blinzelte wieder und wieder, aber dadurch wurde seine Sicht noch schlechter. Er tupfte es erneut mit dem Handrücken, und diesmal kam seine Hand rot zurück.

Er spürte, wie er in Panik geriet. Wusste, dass er Ruhe bewahren musste. Wenn er panisch wurde, würde das niemandem weiterhelfen.

Reiß dich zusammen, Jacob.

Mach das Auge zu. Mach’s zu. Es war sowieso zu nichts nutze.

Er versuchte es, doch es wollte nicht zubleiben. Irgendwas war im Auge, und er wollte es dringend loswerden. Blinzelte noch ein paarmal. Und irgendwie versuchte er weiterhin, damit zu sehen. Wollte glauben, dass es nicht so schlimm war, wie es sich anfühlte.

Er zwang es, sich zu schließen, und es blieb zu, irgendwie, das Lid flatterte zwar, aber wenigstens konnte er mit dem anderen noch sehen.

Das Schloss war kaputt. Holz und Metall waren gesplittert. Und das war das Problem. Er musste etwas ins Auge bekommen haben.

Er ließ die Waffe fallen. Sie war jetzt nutzlos. Keine Kugel mehr.

Er stieß die Tür auf, trat in den Flur. Er vermied es, in den Spiegel zu blicken. Wollte gar nicht sehen, wie schwer seine Verletzung war. Jetzt noch nicht. Musste erst einen Anruf machen.

Auf das eine Auge konzentriert und mit zitternden Händen schlug er das Adressbuch auf und blinzelte, um Flashs Nummer zu lesen. Er wählte.
Nimm ab, Flash, um Himmels willen.
Dann fiel ihm ein, dass Flash im Krankenhaus war. Wahrscheinlich hatte er sein Handy ausgeschaltet.

Es klingelte drei Mal, und dann sagte Flash: »Was ist?«

Gott segne den Jungen. »Mein Auge«, sagte Jacob, bevor ihm einfiel, dass das jetzt nicht das Wichtigste war. »Wallace hat May geschnappt«, sagte er.

Flash fluchte. »Wo sind sie?«

»Ich weiß nicht. Sie sind weg. Er hat auf Norrie geschossen.«

»Allmächtiger. Geht es ihm gut?«

»Ich glaub, er ist tot. Oder fast.«

»Scheiße. Tut mir leid, Dad.«

»Mir nicht.«

»Was?«

»Norrie hat auf Rog geschossen. Es war nicht Wallace. Norrie hat gedacht, er würde … Hör zu, ich erzähl’s dir später. Du musst dich um May kümmern. Fahr zu Wallace.«

»Herrje. Wie geht’s dir, Dad?«

»Besser denn je, Junge.« Jacob legte auf. Eine riesige Hand quetschte sein Herz zusammen, und er kippte um.

 

Der Brustkorb von Schnuckelchen bewegte sich kaum. May beugte den Kopf, um auf seinen Atem zu horchen. Seine Zunge flitzte heraus und berührte sie am Kinn. Sie richtete sich auf, entschlossen, nicht zu weinen. Sie war total durch den Wind. Großer Gott, fühlte sie sich beschissen heute. Hätte gar kein schlechterer Zeitpunkt sein können für diese ganze Kacke. Wie viele Jahre würde sie diese beschissenen Bauchschmerzen noch aushalten müssen. Sie konnte gar nicht erwarten, dass die Wechseljahre kamen. Nachdem sie drei Kinder haben würde. Zwei Jungs und ein Mädchen. Das wäre cool. Joanne meinte immer, May solle die Pille nehmen. Wäre sicherer. Aber auch, um ihre Periode regelmäßiger und weniger stark zu machen, denn wenn sie kam, dann kam sie gewaltig. May war sich allerdings nicht sicher, ob sie Joannes Rat trauen konnte. Joanne hatte schon zwei Kinder, und dabei war sie drei Monate jünger als May. Und überhaupt, Kinder waren ein heikles Thema. Genau wie diese fette Kuh, Joanne.

Wallace warf May noch so einen Blick über den Rückspiegel zu. Als sei sie bescheuert oder so. Er wusste, wie er es anstellen musste, damit sie sich klein vorkam. Blöder Wichser!

»Du weißt jetzt also, wo wir hinmüssen?«, fragte sie. Das Muttchen hatte ihnen den Weg beschrieben. Bis zum nächsten Tierarzt war es offenbar ein ganzes Stück. Wallace schien jedoch zu wissen, wo sie meinte. May hatte keinen blassen Schimmer.

Wallace sprach kein Wort.

May schaute weg. Wollte sich sowieso nicht mit ihm unterhalten, mit dem mordenden Schwachkopf. Zugegeben, Norrie war nicht tot gewesen, als sie gegangen war, aber die Chance war groß, dass es nicht mehr lange dauern würde. Manchmal war Wallace alles scheißegal. Er war ‘n richtiger Psycho. Egal, sie würde nicht mit ihm reden. Man kam nicht zu Leuten ins Haus und schoss wild um sich. Das gehörte sich nicht. Und er hatte sie gekidnappt, was sich auch nicht gehörte. Gut, vielleicht hatte er weder auf Rog geschossen noch das mit Louis gemacht, aber daran, dass sie diese wilde Bestie in sich reingelassen hatte, mochte sie gar nicht denken. Mann, sie kam sich total verdorben vor, und zwar nicht auf gute Weise.

Sie sprach wieder mit dem Hund. Damit er ruhig blieb. Bescheuert, klar wusste sie das, ihm zu erzählen, er solle keine Angst haben, aber was sollte man sonst sagen? Weniger bescheuert, als mit Pflanzen zu reden, hm? Und das hatte sie auch schon gemacht. Hatte eine Grünlilie gehabt, die über zwei Jahre hinweg ganz langsam eingegangen war. Hätte wahrscheinlich keine sechs Monate durchgehalten, wenn sie nicht mit ihr geredet hätte. Wie dem auch sei, sie redete eine Weile mit Schnuckelchen und hoffte, ihre Worte hätten dieselbe lebensverlängernde Wirkung wie bei der Pflanze. Nach einer Weile spürte sie, wie der Druck hinter ihren Augen zunahm, und wusste, dass sie die Fassung verlieren und losplärren würde, wenn sie auch nur eine Träne entkommen ließ.

Jetzt an Pflanzen zu denken. Wie der letzte Trottel. Wen wollte sie eigentlich verarschen?

Da war nichts, was sie tun konnte, oder? Sie war kein schlechter Mensch. Im Grunde nicht. Und wenn doch, dann hatte Wallace sie dazu gemacht.

Sie streichelte Schnuckelchen und sah, wie seine Augen sich zusammenzogen, erweiterten, wieder zusammenzogen. Sie fragte sich, was Wallace ihr zeigen wollte. Er war ziemlich darauf versessen. So versessen, dass er sie mit vorgehaltener Knarre gezwungen hatte, das Haus zu verlassen, so versessen, dass er auf Norrie geschossen hatte, um zu zeigen, wie ernst es ihm war. Musste demnach irgendwas total Abgedrehtes sein. Irgendwas, mit dem er es ihr auf seine ganz spezielle Art heimzahlte. Na, leck mich. Nein, sie wollte nicht darüber nachdenken. Es war sowieso nie wie …

Scheiße, sie heulte.

Tony Dreißig-Zentimeter. Joanne hatte zwar nie mit ihm geschlafen, aber sie hatte gesagt, Tony hätte ihn ihr gezeigt und es seien vielleicht dreiundzwanzig gewesen, aber mehr nicht. May glaubte ihr nicht. Joanne tat nichts lieber, als ihre Freundinnen anzulügen. Wahrscheinlich hatte sie ihn überhaupt nicht gesehen. Wieso sollte Tony ihn ihr zeigen? Sie hatte gesagt, sie hätte ihm erst ihre Titten zeigen müssen, bevor sie ihn dazu brachte, auszupacken, aber May konnte sich nicht vorstellen, dass Tony diese großen, fetten Wackelpuddings sehen wollte. Aber andererseits war er ein Kerl, und Kerle waren da anscheinend nicht so wählerisch.

Heilige Scheiße. Da dachte sie an Tonys Rüssel und Joannes Möpse, und Schnuckelchen stand mit einem Fuß im Grab. Von Pflanzen zu Tony Dreißig-Zentimeter. Was ging eigentlich vor in ihrem bescheuerten Schädel? Sie stand unter Stress. Das war es. Sie hatte ziemlich viel Scheiße durchgemacht in letzter Zeit, so oder so. Sie entschuldigte sich bei Schnuckelchen, beugte sich über ihn und küsste ihn auf die Nase. Das mochte er.

Sie zitterte am ganzen Körper. Man hätte denken können, es sei mitten im Winter und sie hätte nichts am Leib. Schnuckelchen hätte sie gewärmt. Aber er war auch ganz kalt. Seine Schnauze war wie gefroren. Sie senkte den Kopf und flüsterte ihm ins Ohr.

Als sie spürte, dass das Auto langsamer wurde, richtete sie sich wieder auf. Die Reifen knirschten auf Kies. Sie schaute hoch und sah, dass sie auf einem Kirchhof waren. Der Platz war von Bäumen umstanden. Kein anderes Auto in der Auffahrt. Die Kapelle war abgeschlossen. Schwere, verrammelte Eichentüren. Sie war noch nie hier gewesen.

Wallace wimmerte auf, als er die Handbremse zog. Dann stellte er den Motor ab. Fing wieder ihren Blick im Rückspiegel auf. Er sah stinksauer aus.

Das war schlecht. May wusste nicht genau, warum, aber sie wusste es. Etwas stimmte nicht mit ihm. Sie hatten hier nichts zu suchen. Das hier war eindeutig nicht der Tierarzt, und ihr früheres Haus war es auch nicht. Das hier war nirgendwo. Ein Kirchhof. Von der Straße nicht zu sehen. Konnte überall sein.

Hatte er von Anfang an geplant, sie hierher zu bringen? War hier etwas, was er ihr zeigen wollte? Hier gab es nichts als Grabsteine. War es das? Hatte er ein Grab für sie ausgehoben?

Mays Stirn fühlte sich an, als hätte ihr jemand ein kaltes Tuch draufgeklatscht. Ihr Mut verließ sie, wie immer. Irgendwann konnte sie nicht mehr. Sie reckte den Hals, schaute links, rechts, nach hinten. Hörte Verkehrslärm. Nicht sehr weit von der Straße also, auch wenn sie durch die Bäume nichts erkennen konnte. Sie konnte weglaufen. Sie musste weglaufen. Die Auffahrt zurück. Sie probierte den Türöffner. Die Tür war verriegelt.

Sah wieder seinen Blick im Rückspiegel. Er lächelte immer noch nicht. Er beobachtete sie.

»Das ist nicht der Tierarzt«, sagte sie. Total bescheuert. Es juckte sie unter den Armen. Schweiß. Sie spürte ihn auf der Haut prickeln wie Distelstacheln. »Gibt’s hier irgendwas, was du mir zeigen willst, Wallace?«

»Ja, ist aber nur ‘n Appetithappen. Der Hauptgang kommt noch«, sagte er. »Nennen wir’s Vorspiel.«

Was sollte das denn heißen, verdammte Kacke? Mit zitternden Fingern öffnete sie die Handtasche.

Er drehte sich um, schaute sie an. »May«, sagte er, »ich fick dich jetzt um den Verstand.«

»Tust du nicht.«

»Tatsächlich?«

»Tatsächlich.« Sie holte das Messer heraus und stach ihn in den Hals.

Er blutete nicht, bevor sie das Messer wieder herausriss, zog nur ein verwundertes Gesicht mit weit aufgerissenen Augen. Aber sobald die Klinge heraus war, strömte das Blut aus der Wunde. Er legte die Hand an die Kehle, und seine Finger wurden langsam rot. Er ließ das Schloss aufspringen, fummelte am Türgriff, fiel heraus und gab keuchende Geräusche von sich.

Sie holte ihr Handy heraus und ließ es fallen, so stark zitterten ihr die Hände. Hob es auf. Rief Flash an.

 

Als sein Vater anrief, hatte Flash auf dem Krankenhausparkplatz mit offenen Fenstern im Auto gesessen und den Hundegestank herausgelassen, der inzwischen sehr schwach war, aber man bekam gelegentlich noch eine Nase voll, wenn man nicht darauf gefasst war, und da war es sicherer, die Scheiben runterzukurbeln, auch wenn es regnete, was nicht der Fall war, jedenfalls nicht im Moment, obwohl der Himmel bewölkt war und es so oder so ausgehen konnte. Genau jetzt hätte er eine Zigarette vertragen können. Er saß im Auto, seit er angekommen war, und hatte eine beachtliche Parkgebühr auflaufen lassen, aber er konnte sich nicht überwinden, reinzugehen und Rog in seinem Zustand da liegen zu sehen, also saß er im Auto und schaute den Patienten und dem Krankenhauspersonal zu, die im Krankenhaus ein und aus gingen, während er versuchte, den Mumm oder was auch immer aufzubringen, um die Tür aufzumachen und seinen armseligen Hintern da reinzuschleppen.

Aber er hatte es nicht geschafft und wollte gerade den Motor anlassen und wieder nach Hause fahren, als Dad ihn angerufen hatte, um ihm zu erzählen, dass Wallace Norrie erschossen und May gekidnappt hatte.

Flashs erster Impuls war, zu Wallace rüberzufahren. Er wusste nicht genau, was er dort tun konnte, aber er musste hinfahren, und selbst wenn er nicht annahm, dass Wallace mit May im Schlepptau vor seiner Tür aufkreuzen würde, gab es nicht sehr viel mehr, was Flash sonst tun konnte.

Was hatte Dad damit gemeint, als er gesagt hatte, es täte ihm nicht leid um Norrie? Dass Norrie auf Rog geschossen hatte? Hörte sich an, als würde er rumspinnen, hatte sich vielleicht den Kopf angestoßen oder so. Norrie war doch sein bester Kumpel. Natürlich tat es ihm leid, dass Norrie erschossen worden war.

BOOK: Hard Man
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