Hard Man (33 page)

Read Hard Man Online

Authors: Allan Guthrie

BOOK: Hard Man
11.15Mb size Format: txt, pdf, ePub

»Und? Was willst du jetzt tun?«, fragte Pearce. »Meine Hand quetschen, bis ich um Gnade bettle?«

»Ich wird dich leiden lassen«, sagte Rog. »Wenn’s mir erst mal wieder gut geht.«

»Du bist sauer.« Pearce nickte. »Wenn ich du wäre«, sagte er, »dann würd ich mich vielleicht auch leiden sehen wollen.« Er brach ab und warfeinen letzten Blick auf May. »Aber wenn ich du wäre, dann wüsste ich, wann ich verloren habe.«

»Weißt du, wer verliert?«, fragte Rog. »Die Trottel, die fair spielen.«

»Und das heißt?«

»Sei auf der Hut, Pearce.«

»Du hast’s erfasst«, sagte Pearce.

»He«, sagte Rog mit einem Blick auf den Zettel am Boden, »meinst du, du kannst das Stück Dreck da in den Abfall schmeißen?«

Pearce schaute ihn an. Dann ging er zu dem Rollstuhl. Packte ihn mit beiden Händen an der Seite und hob an. Heikel mit dem kaputten Finger. Er hob das Rad vom Boden, aber Rog war ein verdammt schwerer Brocken, noch schwerer als vor seiner Schussverletzung, da er nun keine Bewegung mehr hatte. Pearce hob noch mal an, und Rog, der mit dem Arm ruderte und Pearce am T-Shirt packte, konnte nicht verhindern, dass er aus dem Stuhl auf die Erde kippte.

»Schmeiß ihn selber rein«, sagte Pearce zu Rog, der stöhnte und fluchte. »Und, Rog, wenn du schon sauer bist, verdammt noch mal, dann sei sauer auf den Richtigen.«

Pearce schaute zum Bett hinüber. May war wach, ihre Augen verklebt. Sie lächelte Pearce an und nannte ihn Schnuckelchen.

Er ging wortlos aus dem Zimmer.

 

Wallace war hübsch eingepackt. Eine Halskrause, um den Kopf ruhig zu stellen, Kopf und Arme bandagiert. Weiche Manschetten hielten die Hände an den Seiten. Er hatte die Augen geschlossen, und sein Gesicht sah aufgequollen aus wie das einer Wasserleiche. Über das Bett schlängelten sich verschiedene Schläuche, die an Tropfe und Apparate angeschlossen und quer über seiner glatt rasierten Brust festgeklebt waren. Auf seinem Bauch sah man eine riesige keilförmige Narbe, aber sie sah aus, als wäre sie alt.

Zwischen seinen Lippen steckte ein großer, durchsichtiger Atemschlauch. Pearce brauchte nur ihn oder den Stecker des Beatmungsgeräts herauszuziehen. Hätte ihm danach nicht mal die Nase zudrücken und die Hand auf den Mund legen müssen. Und wahrscheinlich wäre er damit sogar durchgekommen.

Aber wollte er das? So, wie es aussah, hatte Wallace trotz seiner Gewalttätigkeit gegenüber fast allen Übrigen Hilda kein Leid zugefügt. Das sah Pearce ein. Und bitte, Pearce hatte in Bezug auf Wallace falschgelegen. Es war nie was Persönliches gewesen. Jedenfalls nicht bis Pearce, Blödmann, der er war, es dazu gemacht hatte.

Pearce drehte sich um. Genau, es ging ihn nichts an. Er würde Wallace Rog überlassen. Der Fettsack konnte zwar seine Beine nicht mehr gebrauchen, aber soweit Pearce wusste, funktionierten seine Eier noch. Und wenn nicht, die von May funktionierten garantiert.

 

Pearce saß zehn Minuten beim Tierarzt, bevor man ihn in ein Hinterzimmer ließ.

»Da ist der kleine Kerl«, sagte der Tierarzt. »Echt harter kleiner Bursche.«

Hilda war in einem geräumigen Käfig. Er war rasiert und genäht und trug einen Trichter um den Hals. Benommen tat er sein Bestes, um mit dem Schwanz zu wedeln.

Pearce sprach mit ihm. Nannte ihn einen verfluchten Schlingel.

Hilda wedelte nur noch heftiger.

Man hatte Pearce gewarnt, Hilda habe es noch nicht ganz überstanden und er müsse noch ein paar Tage hierbleiben, bevor er nach Hause könnte, aber es sehe ganz danach aus, als würde er wieder völlig gesund werden.

»Ich lasse Sie beide jetzt ein paar Minuten allein«, sagte der Tierarzt. »Aber Sie dürfen ihn nicht zu sehr aufregen.«

 

Seit Pearce aus dem Keller von Wallace entkommen war, konnte er nur noch schwer einschlafen. Und wenn er einschlief, wachte er auf, nachdem er Jesus am Kreuz gesehen hatte und ihm dieser fürchterliche Scheißgestank in die Nase gestiegen war. Er sprach mit seiner Mum darüber, aber sie war keine große Hilfe. Meinte, er solle sich am Riemen reißen, das sei alles nur in seinem Kopf.

Die letzte Nacht hatte er wieder bis in die Morgenstunden wach gelegen und gehofft, irgendwann mal einzunicken, doch vergeblich. Er aß zu Mittag, dachte daran, in die Bibliothek zu gehen und die Bücher, die er nie aufgeschlagen hatte, gegen andere auszutauschen, die er wahrscheinlich nie aufschlagen würde, beschloss aber, stattdessen einen Spaziergang zu machen. Um wieder in Übung zu kommen, wenn Hilda nach Hause entlassen wurde.

Auf der Promenade war es kühler, und es waren nur wenige Menschen da. Hauptsächlich Hundebesitzer, Mütter mit Kindern, alte Männer mit Tatterich. Ein, zwei Mal warf man ihm im Vorbeigehen verwunderte Blicke zu. Verständlich. Seine Blutergüsse waren im dunkelroten Stadium, und es sah aus, als hätte er ein riesiges port-weinfarbenes Muttermal mit schmutzig gelben Rändern im Gesicht.

Zwei kleine Kinder spazierten auf der Kaimauer und sahen aus, als würden sie jeden Moment runterfallen. Sie hatten Pearce nicht gesehen, was vermutlich gut war, denn ihre Mutter hatte ihn gesehen und konnte nicht mehr wegschauen.

Pearce war so damit beschäftigt, ihrem Blick standzuhalten, dass er in jemanden hineinlief, der ihm entgegenkam. Er drehte sich um. Ein hochgewachsener Mann, um die fünfzig; kam ihm bekannt vor. Pearce wollte sich schon entschuldigen, aber der Typ grinste. Irgendwas stimmte hier nicht.

Der Kerl kam ihm
wirklich
bekannt vor. Der Blick in seinen Augen, als sei er auf Speed. Und er schaute Pearce direkt ins Gesicht.

Pearce bekam eine Nase seines billigen Aftershaves ab und erinnerte sich sofort, wer er war: Happy Harry, der alte Junkie, in den Pearce an der gleichen Stelle schon mal reingerannt war, der Junkie, den Pearce als Pädophilen beschimpft hatte.

Happy Harrys Gedächtnis war eindeutig nicht so auf Draht wie das von Pearce. Der alte Junkie trat zurück. »Kenn ich dich?«, fragte er.

Pearce streckte seine gesunde Hand aus. »Pearce«, sagte er. »Wie geht’s?«

Happy Harry nahm Pearces Hand und schüttelte sie. »Besser denn je«, sagte er und trollte sich.

Pearce setzte sich hin und lehnte sich an die Mauer. Gott, war er müde. Er war froh, dass Harry sich nicht mit ihm angelegt hatte. Zu viel Gewalt machte einen fertig.

Eines der kleinen Kinder, ein winziger Junge mit schokoladeverschmiertem Mund und tränenüberströmten Wangen, schaute Pearce in die Augen und zeigte auf Harrys Rücken. »Böser Mann«, sagte er.

»Komm her, Davey«, sagte seine Mutter. »Dein Bruder muss mal.«

»Schon gut, Davey«, sagte Pearce zu dem Kleinen. »Der böse Mann ist weg.« Er schloss die Augen. Er war ein Lügner. Die bösen Männer waren niemals weg.

 

Other books

Teen Frankenstein by Chandler Baker
Armed by Elaine Macko
The Deliverer by Linda Rios Brook
The Sons of Adam by Harry Bingham
Killer Secrets by Katie Reus
Winning by Jack Welch, Suzy Welch
Full Steam Ahead by Karen Witemeyer