Hard Man (32 page)

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Authors: Allan Guthrie

BOOK: Hard Man
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Flash wurde blass im Gesicht. »Wir wollten, dass du Wallace umbringst.« Jesus hinter ihm wirkte, als würde er zuhören, aber Pearce bezweifelte, dass der arme Teufel noch irgendwas von dem verstand, was irgendjemand sagte. »Ich hatte nie vor, dem Hund was zu tun.«

Es fiel Pearce selbst schwer, das zu verstehen. »Wallace hatte gar nichts damit zu tun?«

Flash schüttelte den Kopf. »Nee. Überhaupt niemand. Das war ich.«

»Die ganze Scheiße hier wäre also vermeidbar gewesen?«, fragte Pearce.

Flash schaute weg. »Anzunehmen. Aber wenn ich … deinen Hund …«

»Hilda«, sagte Pearce.

»… Hilda nicht geklaut hätte, dann hättest du … Jesus nicht retten können.«

Pearce ließ den Kopf fallen. Er hätte dem kleinen Wichser eine verpassen und vielleicht den Hammer vom Teppich aufheben und jeden einzelnen Knochen in jedem einzelnen Finger und Zeh von Flash zu Brei klopfen sollen. Oder die Nagelpistole nehmen und ihm ein paar Bolzen zwischen die Beine jagen. Aber Pearce war erledigt. Er wollte nur Hilda wiederhaben. »Wenigstens ist Hilda in Sicherheit«, sagte er.

Flash schaute ihn nicht an. Starrte auf seine Turnschuhe. Stupste mit der Fußspitze den Hammer an.

»Hilda ist doch in Sicherheit, oder?«, sagte Pearce.

»Na ja.«

Pearce hatte den kleinen Wichser durch das Zimmer geschleift und an die Wand gedrückt, ehe er auch nur Zeit hatte, den Kopf zu heben. Eine Hand um seine Kehle. Sein kleiner Finger pochte, aber war doch scheißegal. »Was hast du mit meinem Hund gemacht?«

Flash bebte am ganzen Leib.

»Hm? Was haste gemacht, Scheiße noch mal?«

»Es war ‘n Unfall,
amigo …«

»Ich bin nicht dein Scheißamigo. Was hast du gemacht?«

»Gar nichts, ich schwör’s, schlag mich nicht, ‘n Unfall. Der Hund ist rausgeflitzt. Wallace hat ihn rausgelassen. Ist von ’nem Auto angefahren worden. War nicht meine Schuld. Wallace war schuld.«

Als Flash den Arm hob, drückte Pearce ihm die Kehle noch stärker zu. Hob die andere Faust. »Erzähl mir alles.«

Hash grapschte nach Pearces Handgelenk. Pearce drückte noch mal fest zu, holte mit der Faust aus, und Flashs Augen weiteten sich.

»Mach schon!«, sagte Pearce.

Flash versuchte zu sprechen, kriegte aber nicht mehr raus als ein unverständliches Husten. Pearce lockerte den Griff. Jetzt bestand kein Zweifel mehr, dass das Gefühl in seinen Fingern wieder da war. Sein kleiner Finger war allerdings pure Folter. Flash eine zu knallen war das Letzte, was er wollte, doch wenn es sein musste, konnte er so fest zuschlagen, dass er sich noch einen weiteren Finger brechen würde, wenn es der kleine Wichser nicht anders verdiente.

Flash plärrte die Geschichte heraus, wie Hilda überfahren worden war. Wie seine Schwester versucht hatte, Wallace dazu zu bewegen, den Hund zum Tierarzt zu bringen. Wie Wallace sie umgefahren hatte. Dass Hilda dabei immer hinten in Wallaces Auto saß. Und noch mehr. Er plauderte aus, dass Norrie, ein Kumpel von seinem Dad, vielleicht der Kerl war, der Rog in die Beine geschossen hatte, dass Wallace den alten Knaben erschossen, aber möglicherweise gar nicht auf Rog geschossen hatte, und dass sein Dad einen tödlichen Herzinfarkt gehabt hatte. Doch das interessierte Pearce im Augenblick alles nicht.

»Lebt Hilda noch?«, fragte Pearce.

»Keine Ahnung«, sagte Flash. »Aber er hat noch geatmet, als May ihn das letzte Mal gesehen hat.«

»Wo ist Wallace?«

»Weiß ich nicht. Ich dachte, er sei hier.«

»Und das alles war nicht passiert«, sagte Pearce, der sich beherrschte, so gut er konnte, »wenn du nicht gewesen wärst.«

»Ich hab mich um den Hund gekümmert. Ich hab versucht, deinen Scheißköter vom Rücksitz von Wallaces Auto zu retten.«

»Und wie kommst du dazu, verdammte Scheiße?«

»May hat mich drum gebeten.«

»Mein Scheißköter«, sagte Pearce.

»Ich weiß.«

»Und du hast ihn geklaut. Hast ihn überfahren lassen.«

»Daran ist Wallace schuld.«

Adrenalin schoss Pearce durch die Adern und wütete darin wie diese Magic Mushrooms in Jesus’ Blutkreislauf. Pearce stellte sich vor, den Hammer aufzuheben. Ihn so zu drehen, dass die gespaltene Seite auf Flash zeigte. Sah sich, wie er auf den kleinen Wichser einschlug, ihm den Hammer wieder aus dem Schädel zerrte und ihn abermals reinkrachen ließ.

»Nicht«, sagte Flash, als ob er sehen könnte, was Pearce sah.

Für wen zum Teufel hielt der sich, Pearce zu sagen, was er zu tun hatte?

»Ich hab euch doch geholfen«, sagte das dürre kleine Arschloch.

Pearce sah den Hammer wieder durch die Luft sausen, sah Flash mit verdattertem Gesichtsausdruck in die Knie brechen. Scheiße, nein. Er konnte es nicht. Pearce lockerte den Griff um Flashs Kehle.

»Danke«, sagte Flash.

»Wofür bedankst du dich?«, fragte ihn Pearce. Ohne auf eine Antwort zu warten, holte Pearce mit seiner heilen Faust aus und ließ sie auf Flashs Nase krachen.

Flash prallte von der Wand ab, direkt in den zweiten Schlag. Der verdatterte Gesichtsausdruck, den Pearce sich vor Sekunden noch vorgestellt hatte, erschien nun tatsächlich.

Pearce trat einen Schritt zurück, packte Flash bei den Haaren, wirbelte ihn herum. Der kleine Scheißer würde nie erfahren, wie nahe er einem jähen gewaltsamen Ende gewesen war. Aber ungeschoren davonkommen sollte er nicht.

Pearce schlug ihn. Er taumelte nach hinten, fiel zu Boden. Hatte nicht gereicht zum Ausknipsen. Rutschte über den Boden, stöhnte, Blut floss aus seiner Nase. Ging auf Hände und Knie. Pearce trat ihm auf die Hand und unters Kinn. Flash brach zusammen, steckte die Hand unter die Achsel, rollte sich zu einer Kugel zusammen.

»Wallace ist schuld. Wallace«, sagte Flash.

Und Jesus sagte »Wallace«, sprang vom Sofa und landete auf Hash. Flash schrie, schlug hilflos um sich und drehte sich auf den Rücken. Jesus presste Flash die Nagelpistole auf die Brust, sagte
»Bzzz!«
und drückte ab. Jesus jaulte auf, vermutlich taten ihm die Hände weh, als der Nagel herausschoss, aber er ließ nicht los. Die Nagelpistole musste einen Dauerabzug haben, denn ehe Pearce es schaffte, ihn von Flash herunterzureißen, hatte er noch dreimal gefeuert. Flash sah nicht sehr gut aus.

 

Die Polizei kam kurz nach dem Krankenwagen an. Sie stellten Pearce Fragen, eine Menge Fragen, durchsuchten den Keller, protokollierten seine Aussage, protokollierten sie noch mal. Sie schafften Jesus weg, schauten sich ausgiebig Flash an, bevor sie ihn in einem zweiten Krankenwagen verstauten. Er war inzwischen tot, und jede Menge Kriminalbeamte waren eingetroffen, gefolgt von der Spurensicherung in weißen Overalls.

Pearce blieb drei Stunden im Krankenhaus, ließ sich das Gesicht untersuchen, erfuhr, dass er eine Rippe gebrochen hatte, und sein Finger wurde geschient. Dann verbrachte er vier Stunden in Polizeigewahrsam, ehe sie ihm sagten, dass sie einen dreibeinigen Hund im Auto von Wallace gefunden hatten. Sie gaben ihm die Telefonnummer des Tierarztes, zu dem Hilda gebracht worden war. Wollten nicht sagen, ob Hilda noch lebte oder tot war.

Nach zwei weiteren Stunden wurde Pearce ohne Auflagen entlassen. Dieses eine Mal glaubte man ihm.

 

Pearce klopfte an. Einzelzimmer, musste ein schlechtes Zeichen sein. Da niemand antwortete, nahm er die Blumen in die andere Hand und drückte die Klinke. Sah noch mal nach der Nummer. Es war eindeutig das richtige Zimmer. Langsam öffnete er die Tür.

In dem Bett schlief eine junge Frau. Pearce machte leise zwei Schritte ins Zimmer hinein. Aus der Entfernung war es schwer zu erkennen, aber von Nahem konnte man sehen, dass es sich um May handelte; ihr Gesicht war verschwollen und voller Blutergüsse, doch erkennbar.

Der Besucher saß auf der anderen Seite des Betts in einem Rollstuhl. Er sah anders aus ohne den dunkelblauen Anzug und war viel dicker im Gesicht als beim letzten Mal, als Pearce ihn gesehen hatte. Hatte aber immer noch kräftig wirkende Arme, die von dem ausgebleichten
Spain is different-T-Shirt
günstig betont wurden. XXL, und trotzdem spannte es um den Bizeps.

»Was machst ‘n du hier, verdammte Scheiße?«, sagte Rog Baxter, der aussah, als hätte er gerade in eine Grapefruit anstatt der erwarteten Orange gebissen. Über der Oberlippe hatte er eine kleine Narbe.

Pearce beachtete ihn nicht und schaute sich um, wo er die Blumen hinlegen konnte. Überall waren Blumen, von denen er bis auf ein paar leuchtend gelbe Tulpen keine kannte. Mit Blumen kannte er sich nicht so aus. Egal, da kein Platz für seine Nelken (die kannte er) war, begnügte er sich damit, sie auf den Boden zu legen. »Vielleicht kann sie ja ‘ne Schwester in ’ne Vase stellen«, sagte er zu Rog. Pause. »Wie geht’s ihr?«

»Na, wie sieht sie wohl aus, verflucht?«

Pearce nickte. »Was ist mit…«, sagte er, »… dem Baby?«

»Leck mich, Pearce«, sagte Rog. »Mach, dass du rauskommst hier. Hast du meiner Familie nicht schon genug angetan?«

Pearce schaute auf seine Hände, fuhr mit dem Daumen über seine Wange. »Das mit Flash war ‘n Unfall.«

»Du kannst bloß hoffen, dass ich nie wieder laufen kann.«

»Willst du dich mit mir anlegen, Rog?«

»Worauf du einen lassen kannst. Die Polizei findet’s ja vielleicht okay, dass du rumläufst und zulässt, dass irgendwelche Verrückten Nägel in meinen Bruder jagen, aber ich mach dich dafür verantwortlich.«

»Wenn du dich mit mir anlegst«, sagte Pearce, »bring ich dich um.« Das stopfte dem Drecksack das Maul. »Ich würd’s lieber nicht tun, aber wenn du hier das Arschloch mimst, dann hab ich keine andere Wahl.«

»Du hast ihn so gut wie umgebracht.« Rogs Gesicht war hart, die Fäuste geballt. Wie er da so in seinem Rollstuhl hockte, sah er aus, als litte er an schwerer Verstopfung.

»Es tut mir leid, was passiert ist«, sagte Pearce. »Das kannst du mir glauben.«

»Dir tut’s leid? Was hab ich davon, verdammte Scheiße?«

»Ich weiß nicht. Was soll ich dir denn sagen?«

Rog legte die Hände auf die Knie. Er schüttelte den Kopf. »Weiß ich auch nicht.«

»Ich geh jetzt«, sagte Pearce. »Dich wollt ich eh nicht besuchen.« Er drehte sich um. »Ich hoffe, sie kommt durch. Und ich hoffe, dem Baby geht’s gut.«

Er war an der Tür, als Rog sagte: »Es gibt kein Baby.«

»Scheiße«, sagte Pearce. »Ich …«

»Nein«, sagte Rog. »Du hast mich nicht verstanden. Es gibt kein Baby. Gab nie eins.«

Pearce schaute ihn an und fragte sich, ob er wirklich kapierte, was Rog ihm gerade erzählte. Es hatte nie ein Baby gegeben. Es. Hatte. Nie. Ein. Baby. Gegeben. Wie schwer war das zu verstehen? »Sie hat es abgetrieben?«

Rog fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Schüttelte den Kopf. »Sie war nie schwanger. Der Arzt hat nachgesehen und … na ja …« Er zuckte die Achseln.

Diese Familie war einfach viel zu kaputt für Pearce. Sie war nicht schwanger. Und trotzdem hatte sie allen erzählt, sie sei’s. Und dadurch war die ganze Scheiße passiert. »Wieso hat sie’s dann behauptet?«

»Sie hat’s nicht behauptet, verdammte Scheiße. Sie hat sich geirrt. Ein paar Perioden übersprungen. Das Schlimmste angenommen.«

»Sie hat nie ‘nen Test gemacht? Oder ist zum Arzt gegangen?«

»Willst du meine Schwester kritisieren?«

»Interessiert mich nur.«

»Ich zeig dir mal was Interessantes.« Rog öffnete seine Faust und zeigte Pearce ein zerknittertes Stück Papier, Worte in Reimen, in Großbuchstaben auf liniertes Papier geschrieben. »Das hatte sie in ihrer Handtasche«, sagte er. »Dein Freund hat’s geschrieben.«

Pearce nahm den Zettel. Er las:

 

HARTER MANN

Ein Gedicht von Brian Trotter

 

Die Wut ist weg, mein Irrsinn fort

nur Freude harrt

und Liebe herrscht am düstern Ort

mein Kleiner süß und zart

 

ganz sicher hier im warmen Nest

kein Begehren mehr in mir

ihre Gestalt im Schlaf schön fest

liegt eingerollt gleich neben mir

 

Vatersein macht verzagt

Milchweißer Schädel, Babyduft

Sein kleiner Leib, er jagt

nach ihrer Brust, sie ist sein Himmel, auch wenn er die Hölle ruft

 

aber das ist Vaterpflicht,

nicht von Sohn, nicht Ehemann,

einen Bruder hab ich nicht

es schmerzt, so sehr zu lieben, kleiner Mann

 

wir schweben wieder, ohne Stoff,

oh nein, kein Bock auf den Betrug,

nicht jetzt, nie mehr, und nie mehr Gauner,

nie mehr Zoff wir sind jetzt ganz für uns, wir sind uns selbst genug

 

>Mir gehört er, Arschloch<, sagt der harte Mann

der nur sich selber sieht.

mein Sohn, mit seinen Augen schaut er mich fest an, mich, nicht den harten Mann,

bis unser Auge überfließt

 

Wohin gehen wir von hier?

Nur Spießer wissen nicht, was Opfern heißen kann,

wie schön es ist, zu töten, was man fürchtet

wenn man zu Furcht und Liebe Abscheu hegt

so spricht der harte Mann,

er lügt uns an, er lügt,

ich hoff, die Sau verreckt.

 

»Wie rindest du’s?«, fragte Rog. »Ist scheiße«, sagte Pearce.

Als Pearce das Gedicht von Jesus zurückgab, streifte er mit seinen Fingern die von Rog, und Rog packte seine Hand. Das Gedicht fiel zu Boden.

»Ich hab meinen Vater verloren«, sagte Rog, »und seinen Freund, Norrie. Wallace hat ihn umgelegt.«

Norrie. Bei dem Namen klingelte was. Flash hatte ihn erwähnt. Er hatte vermutlich Rog zum Krüppel gemacht, wenn Pearce sich recht erinnerte. Pearce beließ es dabei. Es war für alle besser, wenn Rog weiterhin dachte, er sei von Wallace angegriffen worden, anstatt von irgend’nem toten alten Freund seines Vaters.

»Und meine Schwester ist am Arsch«, fuhr Rog fort. »Und als war das nicht schon schlimm genug, hast du noch zugelassen, dass dieses irre Arschloch meinen Bruder umbringt. Und da erwartest du, dass ich mit dir rede, als war nichts passiert?«

»Jes… Brian hat nicht gewusst, was er macht.«

»Aber du hast gewusst, was er macht. Und er sitzt in der Klapse. Und du bist frei.«

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