Read Zodiac Online

Authors: Robert Graysmith

Tags: #True Crime, #Murder, #Serial Killers

Zodiac (36 page)

BOOK: Zodiac
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»Toschi weiß von ihm«, versicherte mir der Anrufer. »Er interessierte sich aber nicht weiter für ihn, als er ein handgeschriebenes Schild in Dons Fenster sah, das absolut keine Ähnlichkeit mit Zodiacs Handschrift zeigte.«

Der Anrufer erzählte mir weiter, dass Don von einer Stiefmutter aufgezogen worden war, dass sein Vater sehr religiös sei und dass es große Probleme innerhalb der Familie gäbe.

Das Gespräch dauerte über eine Stunde. Der Anrufer las mir offensichtlich von Notizen vor, die er sich gemacht hatte. Ich hörte immer wieder, wie er die Seiten umblätterte. Das vielversprechendste Detail, das ich erfuhr, war, dass der Mann ein großes Filmplakat besaß, das Don für seinen Freund Bernell mit Filzstift angefertigt hatte.

Nach dem Gespräch überlegte ich eine ganze Weile. Der Mann hatte fast ein bisschen zu viel über den Fall gewusst.

Und er hatte mich über eine Nummer angerufen, die nicht im Telefonbuch stand.

 

Samstag, 26. August 1978

 

Ich besuchte Sherwood Morrill in der drückenden Hitze von Sacramento. Der stattliche, mit einem Sport-T-Shirt bekleidete Mann lehnte sich in seinem Sessel zurück, während ich meinen Kassettenrekorder einschaltete und ihm ein paar Fragen stellte. Nach einer Weile forderte er mich auf, das Gerät auszuschalten. Er wollte mir etwas erzählen, das vergangenen Monat passiert war - etwas, von dem er zu diesem Zeitpunkt nicht wollte, dass es aufgezeichnet wurde.

»Ein hünenhafter Kerl und seine Frau kamen mit einem VW hier bei mir vorbei«, begann er, »und fragten meine Frau Rose, ob sie mich sprechen könnten. ›Ich habe großes Interesse an dem Zodiac-Fall. Ich habe ein paar Neuigkeiten für Mr. Morrill‹, sagte der Mann, ›ein paar Informationen, die ihn und mich ruhiger schlafen lassen werden. Ich bin nur ein einfacher Bürger. Ich bin den weiten Weg von Yountville hergekommen, um mit Ihrem Mann über diesen Brief zu sprechen. Ich weiß, dass er von Zodiac ist, und nicht von Toschi.‹<

Also, ich habe gerade mit Dave DeGarmo zu Mittag gegessen - auch ein Handschriftenexperte, der jetzt im Public Defender’s Office arbeitet. Die beiden Leute schienen ziemlich aufgeregt zu sein und Rose sagte ihnen, dass ich erst so gegen halb drei nachmittags zurückkommen würde. Die beiden sagten, dass sie gern auf mich warten würden.

Als ich nach Hause kam«, fuhr Morrill fort, »kamen er und seine Frau ins Haus. Er stellte sich als Wallace Penny vor (der Name wurde auf seinen Wunsch geändert). Seine Hände zitterten; der Mann war sichtlich nervös. Als ich etwas über den Zodiac erwähnte, fiel er mir ins Wort und sagte: ›Warten Sie, bis ich Ihnen erzählt habe, was ich weiß!« Er hatte eine ziemlich gewagte Theorie. ›Ich nehme höchstens fünf Minuten von Ihrer Zeit in Anspruch‹, versicherte er. Es dauerte dann eineinhalb Stunden. ›Mr. Toschi wird bald ruhiger schlafen können‹, behauptete er und verriet mir schließlich den Namen des Mannes, den er für den echten Zodiac hielt.«

An diesem Punkt unterbrach ich Morrill und fragte ihn, ob er mir den Namen des Verdächtigen mitteilen würde. Er sagte den Vornamen des Mannes, und ich fügte den Nachnamen hinzu.

»Mein Gott«, stieß ich hervor, »das ist der Verdächtige, den ich auch im Auge habe! Don Andrews.«

Er war auch der geheimnisvolle Verdächtige, der Ken Narlow so sehr beschäftigte.

Die Handschriftenproben, die Morrill von den beiden Besuchern vorgelegt bekam, entsprachen ziemlich genau der Handschrift der Zodiac-Briefe, mit Ausnahme des Buchstaben
K
.

Die beiden Leute kannten viele Einzelheiten, die, so sollte man annehmen, eigentlich nur der Mörder wissen konnte. »Wenn Don Andrews nicht der Zodiac ist«, sagte Morrill später zu seiner Frau, »dann könnten diese beiden dahinterstecken.«

Rose Morrill sah ihren Mann mit Schaudern an und flüsterte: »Vielleicht hast du gerade dem Zodiac die Hand geschüttelt!«

»Und wissen Sie, Robert«, fügte Morrill hinzu, »ich hatte irgendwie das Gefühl, dass der Mann irgendetwas zu beichten hatte.«

 

Dienstag, 29. August 1978

 

Ich fuhr nach Vallejo, um mit Lieutenant Jim Husted, dem Leiter der Intelligence Section des Police Department von Vallejo, zu sprechen. Auch er widmete sich angesichts der möglichen Rückkehr des Serienkillers nun wieder verstärkt dem Zodiac-Fall, und er erklärte sich bereit, mir zwei seiner Verdächtigen näher zu beschreiben.

Husted holte eine Akte aus einem Schrank und begann, mir verschiedene Einzelheiten über den ersten Verdächtigen zu erzählen - dass er ein Filmfan sei, dass er eine Ausbildung in Verschlüsselungstechniken absolviert hatte und dass er zu Hause recht ungewöhnliche Dinge aufbewahrte. »Der Mann war zu der Zeit, als Donna Lass verschwand, am Lake Tahoe mit überhöhter Geschwindigkeit in seinem weißen Chevy erwischt worden«, verriet er mir.

Ich erkannte den Mann als Andy Todd Walker, den ersten echten Verdächtigen im Zodiac-Fall.

 

 

Freitag, 25. August 1978

 

Ich telefonierte mit Wallace Penny, dem Mann aus Yountville, der Morrill am 5. Juli mit seinem Besuch sehr beunruhigt hatte. Ich erkannte seine Stimme sofort wieder. Er war der Mann, der mich anonym auf Don Andrews hingewiesen hatte.

Penny beschrieb Andrews als »nervös, unruhig und launisch.« »Er hat oft eine ablehnende Haltung gegenüber Sex gezeigt«, führte er weiter aus. »Trotzdem scheint er aber eine Freundin zu haben. Er ist ein großer Fan von Gilbert-&-Sullivan und hat vor Freunden oft irgendwelche Texte zitiert.«

Andrews hatte darüber hinaus eine Ausbildung in Verschlüsselungstechnik genossen und hatte interessanterweise eine Nähmaschine zu Hause. Erklärte das, woher Zodiac seine schwarze Kapuze hatte?

Penny berichtete mir außerdem, dass Andrews ihm Entwürfe für die Schulbusbombe gezeigt hätte, die Zodiac im Jahr 1969 geplant hatte. Er habe darauf verwiesen, dass die Pläne aus einem Buch stammten, das er besitze. Es stellte sich jedoch heraus, dass diese Pläne in Wirklichkeit nie irgendwo abgedruckt worden waren.

»Don Andrews sammelt alte Filme«, erzählte mir Penny.

Zu dem Kreuz-im-Kreis-Symbol hatte sich Zodiac möglicherweise von dem Symbol auf dem Filmvorspann inspirieren lassen.

»Freunden gegenüber hat Don einmal gesagt: ›Äußerlich wirke ich ja ganz normal, aber innen drin …‹ Das erinnert an Zodiacs Bemerkung: ›Ich bin wahnsinnig, aber das Spiel ist damit noch nicht zu Ende‹«, fügte Penny hinzu.

Zodiac und Andrews trugen offenbar beide eine Brille, die mit einem Band fixiert war.

Gegenüber seinen Freunden soll Andrews einmal die Bemerkung gemacht haben: »Was ich mache, ist besser als Sex.«

»Nicht nur das«, fuhr Penny fort, »Andrews hat schon so viele Namen benutzt, dass ihn die zuständige Sozialversicherungsstelle aufgefordert hat, sich endlich für einen zu entscheiden. 1961 ging Andrews mit einem Teenager namens Jim nach Montana und beantragte eine neue Geburtsurkunde. Laut diesem Dokument trug er den Namen Jim Andrews.«

Andrews war der einzige Verdächtige, der über eine Dunkelkammer verfügte. Auch ein Fernschreibgerät hatte er zu Hause. Zodiac hatte bei seinem ersten Brief Telexpapier verwendet. Ich erinnerte mich an das, was Ken Narlow, der Detective aus Napa, einmal zu mir gesagt hatte: »Dieser Don ist wirklich ein heißer Tipp. Der Mann hat im Keller einen Fernschreiber stehen, Modell 15 AP. Ich sage Ihnen, Robert, für mich gibt es keinen Zweifel, dass derjenige, der den Entwurf zu der Bombe gezeichnet hat, mit diesem Fernschreiber vertraut sein muss.« Narlow zeigte mir ein Foto von technischen Details des Fernschreibers und verglich es mit der schematischen Darstellung der Bombe, die der Killer angefertigt hatte.

Die Kleidung des Zodiac enthielt immer wieder Elemente, die an die Navy erinnerten, wie zum Beispiel Schlaghose, Militärstiefel und Windjacke. Andrews war bei der Navy gewesen.

Einen Monat, bevor der erste handschriftlich verfasste Zodiac-Brief kam, hatte Andrews Freundschaft mit einem Mann namens Marvin Bernell geschlossen. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Zodiac-Briefe in einer Handschrift verfasst, die derjenigen sehr ähnlich war, mit der Bernell die Filmplakate für sein Kino anfertigte. Möglicherweise hatte Andrews Bernells Stil kopiert.

Penny erwähnte erneut, dass er und sein Freund Greg vermuteten, dass sich in einer Filmdose, die Bernell aufbewahrte, möglicherweise Beweismaterial für die Zodiac-Morde befand. »Da drin könnten Stines Hemd, Autoschlüssel und vielleicht ein Film von dem Doppelmord in der Lake Herman Road sein. Auf der Dose steht in gro ßen Buchstaben: ›Nicht öffnen - Nitratfilm - Gefährlich!‹« Penny berichtete, er habe die Dose gesehen, als sie noch in San Francisco war. Vielleicht hatte die Polizei sie nicht überprüft, weil Bernell nach Südkalifornien übersiedelt war, wo er ein Kino besaß.

 

Samstag, 26. August 1978

 

Ich fuhr zu Andrews’ Haus.

Als ich bei Dons Briefkasten stand, kam gleich ein stämmiger Mann angelaufen und rief: »Was wollen Sie?«

»Ich wollte zu Don«, antwortete ich, obwohl deutlich zu sehen war, dass im Moment niemand hier wohnte.

»Er wohnt nicht mehr hier; er ist jetzt in San Francisco.«

»Mist«, sagte ich und zog einen Kugelschreiber hervor. »Können Sie mir seine neue Adresse sagen?«

»Wenn Sie ein Freund von ihm sind, dann wird es Ihnen ja nicht schwer fallen, sie herauszubekommen!«

Der Kerl stand da, die Hände in die Hüfte gestemmt, und wartete, bis ich wegfuhr. Ich hatte das Gefühl, dass man mich hier schon erwartet hatte.

Wenngleich Narlow keinerlei Hinweise darauf fand, dass Andrews gut mit Waffen umgehen konnte, blieb er bei seiner Ansicht. »Don ist auf jeden Fall mein heißester Tipp.«

Ich fragte ihn nach den Fingerabdrücken des Mannes.

»Wir haben sie natürlich überprüft, wenn auch nicht offiziell. Dafür hatten wir einfach keine ausreichenden Gründe - und ich bin mir nicht sicher, ob er uns seine Abdrücke freiwillig überlassen hätte. Je mehr wir uns für ihn interessierten, umso reservierter wurde er. Am Anfang war er sehr offen, als wir uns mit ihm unterhielten. Irgendwann kam dann aber der Punkt, wo er ganz klar sagte: ›Entweder ihr tut irgendwas, oder ihr lasst mich in Frieden.‹ Als wir ihn zum ersten Mal in seinem Haus besuchten, waren wir einige Stunden dort. Ein sehr intelligenter Mensch, und sehr interessant. Es schien ihm nichts auszumachen, über seine Vergangenheit zu sprechen.«

 

Montag, 28. August 1978

 

Penny hatte mir mitgeteilt, dass Andrews ein richtiger Filmfreak sei und einmal bei seinem Freund Marvin Bernell in einem kleinen Kino in Südkalifornien gearbeitet habe. Bernell hatte früher als Klavierspieler im Stummfilmkino gearbeitet. Die Freundschaft der beiden Männer hatte Anfang 1967 begonnen und dauerte immer noch an. Penny hatte es nie gewagt, Bernell zu fragen, ob er irgendwelche Informationen über Zodiac besaß.

Es war Nacht, als ich in Los Angeles ankam. Am Flughafen nahm ich mir einen Mietwagen, um zu dem Kino in der North Highlands Avenue zu fahren, wo ich Bernell anzutreffen hoffte. Es liefen keine Stummfilme an diesem Abend, doch Bernell war trotzdem im Kino, um sich einen Teil von dem 3-D-Film anzusehen, der gerade lief.

Trotz der Dunkelheit konnte ich Bernell auf einem der Logenplätze erkennen. Mit seinem ledernen Overall sah er aus, als hätte er überhaupt keinen Körper; er erinnerte mich an den riesigen, in der Luft schwebenden Kopf aus »Der Zauberer von Oz«.

In der Pause ging ich zu ihm und sprach ihn an und er redete sofort munter drauflos. Bernell war ein korpulenter Mann mitte sechzig, dessen Gesicht allmählich fett wurde. Er hatte Probleme mit seinen Augen und musste seine Brille mit dunkler Fassung aufsetzen, um seine Privatadresse aufzuschreiben.

»Ohne Brille sehe ich nichts«, sagte er. »Ich mache jetzt ein wenig Urlaub und erledige nebenbei ein paar geschäftliche Dinge, aber im September bin ich wieder da.«

 

Freitag, 1. September 1978

 

Ich fuhr nach Sacramento, um mit Morrill über die Gemeinsamkeiten zwischen Andrews und Zodiac zu sprechen.

»Nun«, sagte Morrill, »ich habe mich mit dem Chief Special Agent vom CI&I über Don Andrews unterhalten und ihm auch einiges von dem erzählt, was ich von Ihnen weiß. Toschi hat gesagt: ›Armstrong hat die beiden Kerle überprüft, Andrews und Wallace Penny. Ich weiß nicht, wie er dabei vorgegangen ist. Ihr könnt jedenfalls damit machen, was ihr wollt.‹<

Er hält übrigens viel von Ihnen«, fuhr Morrill fort. »Der arme Kerl, irgendwann in unserem Gespräch fing er an zu weinen. Ich hatte ein richtig schlechtes Gewissen, weil ich wieder mit der Sache angefangen habe.

Penny hat diesen Andrews schwer belastet. Ich habe Ihnen ja schon gesagt, ich dachte eine Weile, dass er selbst vielleicht Don Andrews sein könnte. Dave sagt aber, dass sie die beiden überprüft haben und dass es sich um zwei verschiedene Typen handelt. Penny erzählte mir auch noch einiges über den Dritten im Bunde.«

Sie meinen Bernell, Andrews’ Freund«, warf ich ein.

»Seinen Namen hat er nie erwähnt. Ich habe auch nie irgendwelche Handschriftenproben von diesem Mann oder von Penny zu Gesicht bekommen. Ich habe an Penny geschrieben - in der Hoffnung, dass er zurückschreiben würde. Ich wollte ihm ein bisschen Honig um den Bart schmieren. Mein Partner Dave DeGarmo kennt einige Leute im Marin und im Sonoma County und versucht so, etwas über Don Andrews in Erfahrung zu bringen. Bis jetzt hat sich noch nichts ergeben.

Penny hat mir aber eine Handschriftenprobe von Andrews auf einem Plakat hier gelassen. Sie können sich’s gern mal ansehen. Wissen Sie, Robert, wenn Zodiac beidhändig ist, so könnte das erklären, warum die Buchstaben oft unterschiedlich geneigt sind. Dort, wo die Schrift in den Briefen gerade ist, würde ich aber auch sagen, dass er nach einer Vorlage arbeitet«, meinte Morrill.

»Penny hat seinen Verdacht gegenüber Don Andrews schon fünf, sechs Jahre mit sich herumgetragen, ohne irgendwas zu unternehmen«, antwortete ich. »Darum werde ich jetzt einmal den Kinobesitzer in Südkalifornien besuchen; vielleicht bekomme ich etwas heraus. In San Francisco hat man offenbar kein Material über ihn.«

»Na ja, Tedesco [Toschis Nachfolger] hat mich neulich angerufen und gefragt, ob ich mir die ganzen Briefe ansehen würde. ›Ich habe mit dem Fall nichts mehr zu tun‹, sagte ich ihm, ›Sie können Mr. Gain von mir bestellen, dass ich für das Police Department in San Francisco überhaupt nichts mehr machen werde.‹ Tedesco lachte ein bisschen gequält und sagte: ›Ich glaube, ich verstehe Ihre Position.‹«

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