Ahead of All Parting (9 page)

Read Ahead of All Parting Online

Authors: Rainer Maria Rilke

BOOK: Ahead of All Parting
8.35Mb size Format: txt, pdf, ePub
II

Why must a man be always taking on

Things not his own, as if he were a servant

whose marketing-bag grows heavier and heavier

from stall to stall and, loaded down, he follows

and doesn’t dare ask: Master, why this banquet?

*

 

Warum muß einer dastehn wie ein Hirt,

so ausgesetzt dem Übermaß von Einfluß,

beteiligt so an diesem Raum voll Vorgang,

daß er gelehnt an einen Baum der Landschaft

sein Schicksal hätte, ohne mehr zu handeln.

Und hat doch nicht im viel zu großen Blick

die stille Milderung der Herde. Hat

nichts als Welt, hat Welt in jedem Aufschaun,

in jeder Neigung Welt. Ihm dringt, was andern

gerne gehört, unwirtlich wie Musik

und blind ins Blut und wandelt sich vorüber.

Da steht er nächtens auf und hat den Ruf

des Vogels draußen schon in seinem Dasein

und fühlt sich kühn, weil er die ganzen Sterne

in sein Gesicht nimmt, schwer—, o nicht wie einer,

der der Geliebten diese Nacht bereitet

und sie verwöhnt mit den gefühlten Himmeln.

[III]

Daß mir doch, wenn ich wieder der Städte Gedräng

und verwickelten Lärmknäul und die

Wirrsal des Fahrzeugs um mich habe, einzeln,

daß mir doch über das dichte Getrieb

Himmel erinnerte und der erdige Bergrand,

den von drüben heimwärts die Herde betrat.

Steinig sei mir zu Mut

und das Tagwerk des Hirten scheine mir möglich,

wie er einhergeht und bräunt und mit messendem Steinwurf

seine Herde besäumt, wo sie sich ausfranst.

Langsamen Schrittes, nicht leicht, nachdenklichen Körpers,

aber im Stehn ist er herrlich. Noch immer dürfte ein Gott

heimlich in diese Gestalt und würde nicht minder.

Abwechselnd weilt er und zieht, wie selber der Tag,

und Schatten der Wolken

durchgehn ihn, als dächte der Raum

langsam Gedanken für ihn.

*

 

Why must a man keep standing like a shepherd,

exposed, in such an overflow of power,

so much a part of this event-filled landscape,

that if he were to lean back against a tree trunk

he would complete his destiny, forever.

Yet does not have, in his too open gaze,

the silent comfort of the flock: has nothing

but world; has world each time he lifts his head;

each time he looks down—world. What gladly yields

to others, pierces him like music, blindly

enters his blood, changes, disappears.

At night he stands up, the distant call of birds

already deep inside him; and feels bold

because he has taken all the galaxies

into his face, not lightly—, oh not like someone

who prepares a night like this for his beloved

and treats her to the skies that he has known.

III

Let me, though, when again I have all around me

the chaos of cities, the tangled

skein of commotion, the blare of the traffic, alone,

let me, above the most dense confusion,

remember this sky and the darkening rim of the valley

where the flock appeared, echoing, on its way home.

Let my courage be like a rock,

let the daily task of the shepherd seem possible to me,

as he moves about and, throwing a stone to measure it,

fixes the hem of his flock where it has grown ragged.

His solemn, unhurried steps, his contemplative body,

his majesty when he stands: even today a god

could secretly enter this form and not be diminished.

He alternately lingers and moves, like the day itself,

and shadows of clouds

pass through him, like thoughts which space

is thinking, slowly, for him.

*

Sei er wer immer für euch. Wie das wehende Nachtlicht

in den Mantel der Lampe stell ich mich innen in ihn.

Ein Schein wird ruhig. Der Tod

fände sich reiner zurecht.

Let him be whomever you wish. Like a fluttering candle

into a stormlamp, I place myself there inside him.

A glow becomes peaceful. May death

more easily find its way.

DER GEIST ARIEL
(Nach der Lesung von Shakespeares Sturm)

Man hat ihn einmal irgendwo befreit

mit jenem Ruck, mit dem man sich als Jüngling

ans Große hinriß, weg von jeder Rücksicht.

Da ward er willens, sieh: und seither dient er,

nach jeder Tat gefaßt auf seine Freiheit.

Und halb sehr herrisch, halb beinah verschämt,

bringt mans ihm vor, daß man für dies und dies

ihn weiter brauche, ach, und muß es sagen,

was
man ihm half. Und dennoch fühlt man selbst,

wie alles das, was man mit ihm zurückhält,

fehlt in der Luft. Verführend fast und süß:

ihn hinzulassen—, um dann, nicht mehr zaubernd,

ins Schicksal eingelassen wie die andern,

zu wissen, daß sich seine leichte Freundschaft,

jetzt ohne Spannung, nirgends mehr verpflichtet,

ein Überschuß zu dieses Atmens Raum,

gedankenlos im Element beschäftigt.

Abhängig fürder, länger nicht begabt,

den dumpfen Mund zu jenem Ruf zu formen,

auf den er stürzte. Machtlos, alternd, arm

und doch
ihn
atmend wie unfaßlich weit

verteilten Duft, der erst das Unsichtbare

vollzählig macht. Auflächelnd, daß man dem

so winken durfte, in so großen Umgang

so leicht gewöhnt. Aufweinend vielleicht auch,

wenn man bedenkt, wie’s einen liebte und

fortwollte, beides, immer ganz in Einem.

(Ließ ich es schon? Nun schreckt mich dieser Mann,

der wieder Herzog wird. Wie er sich sanft

den Draht ins Haupt zieht und sich zu den andern

Figuren hängt und künftighin das Spiel

ARIEL
(After reading Shakespeare’s
Tempest
)

Once, somewhere, somehow, you had set him free

with that sharp jolt which as a young man tore you

out of your life and vaulted you to greatness.

Then he grew willing; and, since then, he serves,

after each task impatient for his freedom.

And half imperious, half almost ashamed,

you make excuses, say that you still need him

for this and that, and, ah, you must describe

how
you helped him. Yet you feel, yourself,

that everything held back by his detention

is missing from the air. How sweet, how tempting:

to let him go—to give up all your magic,

submit yourself to destiny like the others,

and know that his light friendship, without strain now,

with no more obligations, anywhere,

an intensifying of this space you breathe,

is working in the element, thoughtlessly.

Henceforth dependent, never again empowered

to shape the torpid mouth into that call

at which he dived. Defenseless, aging, poor,

and yet still breathing
him
in, like a fragrance

spread endlessly, which makes the invisible

complete for the first time. Smiling that you ever

could summon him and feel so much at home

in that vast intimacy. Weeping too, perhaps,

when you remember how he loved and yet

wished to leave you: always both, at once.

(Have I let go already? I look on,

terrified by this man who has become

a duke again. How easily he draws

the wire through his head and hangs himself

up with the other puppets; then steps forward

to ask the audience for their applause

 

um Milde bittet.… Welcher Epilog

vollbrachter Herrschaft. Abtun, bloßes Dastehn

mit nichts als eigner Kraft: “und das ist wenig.”)

and their indulgence.… What consummate power:

to lay aside, to stand there nakedly

with no strength but one’s own, “which is most faint.”)

So angestrengt wider die starke Nacht

werfen sie ihre Stimmen ins Gelächter,

das schlecht verbrennt. O aufgelehnte Welt

voll Weigerung. Und atmet doch den Raum,

in dem die Sterne gehen. Siehe, dies

bedürfte nicht und könnte, der Entfernung

fremd hingegeben, in dem Übermaß

von Fernen sich ergehen, fort von uns.

Und nun geruhts und reicht uns ans Gesicht

wie der Geliebten Aufblick; schlägt sich auf

uns gegenüber und zerstreut vielleicht

an uns sein Dasein. Und wir sinds nicht wert.

Vielleicht entziehts den Engeln etwas Kraft,

daß nach uns her der Sternenhimmel nachgiebt

und uns hereinhängt ins getrübte Schicksal.

Umsonst. Denn wer gewahrts? Und wo es einer

gewärtig wird: wer darf noch an den Nacht-Raum

die Stirne lehnen wie ans eigne Fenster?

Wer hat dies nicht verleugnet? Wer hat nicht

in dieses eingeborne Element

gefälschte, schlechte, nachgemachte Nächte

hereingeschleppt und sich daran begnügt?

Wir lassen Götter stehn um gohren Abfall,

denn Götter locken nicht. Sie haben Dasein

und nichts als Dasein, Überfluß von Dasein,

doch nicht Geruch, nicht Wink. Nichts ist so stumm

wie eines Gottes Mund. Schön wie ein Schwan

auf seiner Ewigkeit grundlosen Fläche:

so zieht der Gott und taucht und schont sein Weiß.

Alles verführt. Der kleine Vogel selbst

tut Zwang an uns aus seinem reinen Laubwerk,

die Blume hat nicht Raum und drängt herüber;

was will der Wind nicht alles? Nur der Gott,

wie eine Säule, läßt vorbei, verteilend

hoch oben, wo er trägt, nach beiden Seiten

die leichte Wölbung seines Gleichmuts.

[Straining so hard against the strength of night]

Straining so hard against the strength of night,

they fling their tiny voices on the laughter

that will not burn. Oh disobedient world,

full of refusal. And yet it breathes the space

in which the stars revolve. It doesn’t need us,

and, at any time, abandoned to the distance,

could spin off in remoteness, far from us.

And now it deigns to touch our faces, softly,

like a loved woman’s glance; it opens up

in front of us, and may be spilling out

its essence on us. And we are not worth it.

Perhaps the angels’ power is slightly lessened

when the sky with all its stars bends down to us

and hangs us here, into our cloudy fate.

In vain. For who has noticed it? And even

if someone has: who dares to lean his forehead

against the night as on a bedroom window?

Who has not disavowed it? Who has not

dragged into this pure inborn element

nights shammed and counterfeited, tinsel-nights,

and been content (how easily) with those?

We ignore the gods and fill our minds with trash.

For gods do not entice. They have their being,

and nothing else: an overflow of being.

Not scent or gesture. Nothing is so mute

as a god’s mouth. As lovely as a swan

on its eternity of unfathomed surface,

the god glides by, plunges, and spares his whiteness.

Everything tempts. Even the little bird,

unseen among the pure leaves, can compel us;

the flower needs space and forces its way over;

what doesn’t the wind lay claim to? Only the god,

like a pillar, lets us pass, distributing

high up, where he supports, to either side

the light arch of his equanimity.

 

Unwissend vor dem Himmel meines Lebens,

anstaunend steh ich. O die großen Sterne.

Aufgehendes und Niederstieg. Wie still.

Als war ich nicht. Nehm ich denn Teil? Entriet ich

dem reinen Einfluß? Wechselt Flut und Ebbe

in meinem Blut nach dieser Ordnung? Abtun

will ich die Wünsche, jeden andern Anschluß,

mein Herz gewöhnen an sein Fernstes. Besser

es lebt im Schrecken seiner Sterne, als

zum Schein beschützt, von einer Näh beschwichtigt.

[Ignorant before the heavens of my life]

Ignorant before the heavens of my life,

I stand and gaze in wonder. Oh the vastness

of the stars. Their rising and descent. How still.

As if I didn’t exist. Do I have any

share in this? Have I somehow dispensed with

their pure effect? Does my blood’s ebb and flow

change with their changes? Let me put aside

every desire, every relationship

except this one, so that my heart grows used to

its farthest spaces. Better that it live

fully aware, in the terror of its stars, than

as if protected, soothed by what is near.

Überfließende Himmel verschwendeter Sterne

prachten über der Kümmernis. Statt in die Kissen,

weine hinauf. Hier, an dem weinenden schon,

an dem endenden Antlitz,

um sich greifend, beginnt der hin-

reißende Weltraum. Wer unterbricht,

wenn du dort hin drängst,

die Strömung? Keiner. Es sei denn,

daß du plötzlich ringst mit der gewaltigen Richtung

jener Gestirne nach dir. Atme.

Atme das Dunkel der Erde und wieder

aufschau! Wieder. Leicht und gesichtlos

lehnt sich von oben Tiefe dir an. Das gelöste

nachtenthaltne Gesicht giebt dem deinigen Raum.

[Overflowing heavens of lavished stars]

Overflowing heavens of lavished stars

glory above your grief. Not into your pillow:

weep upward. Here, close to your weeping face,

close to your face that is ending,

begins the expansive, ravishing, trans-

figuring world-space. Who would interrupt,

once you appear there,

that current? No one. Only yourself,

if you suddenly struggled out of the powerful impulse

of those stars streaming toward you. Breathe.

Breathe-in the darkness of earth and again

look up! Again. Airy and faceless,

from above, the depths bend toward you. The face that is dissolved

and contained in the night will give more space to your own.

Other books

The Invisible Enemy by Marthe Jocelyn
The Eye of the Wolf by Sadie Vanderveen
One Rough Man by Brad Taylor
Passage to Pontefract by Jean Plaidy
The Squad Room by John Cutter
Jane Austen Girl by Inglath Cooper
Swansong by Damien Boyd