Read Ahead of All Parting Online
Authors: Rainer Maria Rilke
Why must a man be always taking on
Things not his own, as if he were a servant
whose marketing-bag grows heavier and heavier
from stall to stall and, loaded down, he follows
and doesn’t dare ask: Master, why this banquet?
*
Warum muß einer dastehn wie ein Hirt,
so ausgesetzt dem Übermaß von Einfluß,
beteiligt so an diesem Raum voll Vorgang,
daß er gelehnt an einen Baum der Landschaft
sein Schicksal hätte, ohne mehr zu handeln.
Und hat doch nicht im viel zu großen Blick
die stille Milderung der Herde. Hat
nichts als Welt, hat Welt in jedem Aufschaun,
in jeder Neigung Welt. Ihm dringt, was andern
gerne gehört, unwirtlich wie Musik
und blind ins Blut und wandelt sich vorüber.
Da steht er nächtens auf und hat den Ruf
des Vogels draußen schon in seinem Dasein
und fühlt sich kühn, weil er die ganzen Sterne
in sein Gesicht nimmt, schwer—, o nicht wie einer,
der der Geliebten diese Nacht bereitet
und sie verwöhnt mit den gefühlten Himmeln.
Daß mir doch, wenn ich wieder der Städte Gedräng
und verwickelten Lärmknäul und die
Wirrsal des Fahrzeugs um mich habe, einzeln,
daß mir doch über das dichte Getrieb
Himmel erinnerte und der erdige Bergrand,
den von drüben heimwärts die Herde betrat.
Steinig sei mir zu Mut
und das Tagwerk des Hirten scheine mir möglich,
wie er einhergeht und bräunt und mit messendem Steinwurf
seine Herde besäumt, wo sie sich ausfranst.
Langsamen Schrittes, nicht leicht, nachdenklichen Körpers,
aber im Stehn ist er herrlich. Noch immer dürfte ein Gott
heimlich in diese Gestalt und würde nicht minder.
Abwechselnd weilt er und zieht, wie selber der Tag,
und Schatten der Wolken
durchgehn ihn, als dächte der Raum
langsam Gedanken für ihn.
*
Why must a man keep standing like a shepherd,
exposed, in such an overflow of power,
so much a part of this event-filled landscape,
that if he were to lean back against a tree trunk
he would complete his destiny, forever.
Yet does not have, in his too open gaze,
the silent comfort of the flock: has nothing
but world; has world each time he lifts his head;
each time he looks down—world. What gladly yields
to others, pierces him like music, blindly
enters his blood, changes, disappears.
At night he stands up, the distant call of birds
already deep inside him; and feels bold
because he has taken all the galaxies
into his face, not lightly—, oh not like someone
who prepares a night like this for his beloved
and treats her to the skies that he has known.
Let me, though, when again I have all around me
the chaos of cities, the tangled
skein of commotion, the blare of the traffic, alone,
let me, above the most dense confusion,
remember this sky and the darkening rim of the valley
where the flock appeared, echoing, on its way home.
Let my courage be like a rock,
let the daily task of the shepherd seem possible to me,
as he moves about and, throwing a stone to measure it,
fixes the hem of his flock where it has grown ragged.
His solemn, unhurried steps, his contemplative body,
his majesty when he stands: even today a god
could secretly enter this form and not be diminished.
He alternately lingers and moves, like the day itself,
and shadows of clouds
pass through him, like thoughts which space
is thinking, slowly, for him.
*
Sei er wer immer für euch. Wie das wehende Nachtlicht
in den Mantel der Lampe stell ich mich innen in ihn.
Ein Schein wird ruhig. Der Tod
fände sich reiner zurecht.
Let him be whomever you wish. Like a fluttering candle
into a stormlamp, I place myself there inside him.
A glow becomes peaceful. May death
more easily find its way.
Man hat ihn einmal irgendwo befreit
mit jenem Ruck, mit dem man sich als Jüngling
ans Große hinriß, weg von jeder Rücksicht.
Da ward er willens, sieh: und seither dient er,
nach jeder Tat gefaßt auf seine Freiheit.
Und halb sehr herrisch, halb beinah verschämt,
bringt mans ihm vor, daß man für dies und dies
ihn weiter brauche, ach, und muß es sagen,
was
man ihm half. Und dennoch fühlt man selbst,
wie alles das, was man mit ihm zurückhält,
fehlt in der Luft. Verführend fast und süß:
ihn hinzulassen—, um dann, nicht mehr zaubernd,
ins Schicksal eingelassen wie die andern,
zu wissen, daß sich seine leichte Freundschaft,
jetzt ohne Spannung, nirgends mehr verpflichtet,
ein Überschuß zu dieses Atmens Raum,
gedankenlos im Element beschäftigt.
Abhängig fürder, länger nicht begabt,
den dumpfen Mund zu jenem Ruf zu formen,
auf den er stürzte. Machtlos, alternd, arm
und doch
ihn
atmend wie unfaßlich weit
verteilten Duft, der erst das Unsichtbare
vollzählig macht. Auflächelnd, daß man dem
so winken durfte, in so großen Umgang
so leicht gewöhnt. Aufweinend vielleicht auch,
wenn man bedenkt, wie’s einen liebte und
fortwollte, beides, immer ganz in Einem.
(Ließ ich es schon? Nun schreckt mich dieser Mann,
der wieder Herzog wird. Wie er sich sanft
den Draht ins Haupt zieht und sich zu den andern
Figuren hängt und künftighin das Spiel
Once, somewhere, somehow, you had set him free
with that sharp jolt which as a young man tore you
out of your life and vaulted you to greatness.
Then he grew willing; and, since then, he serves,
after each task impatient for his freedom.
And half imperious, half almost ashamed,
you make excuses, say that you still need him
for this and that, and, ah, you must describe
how
you helped him. Yet you feel, yourself,
that everything held back by his detention
is missing from the air. How sweet, how tempting:
to let him go—to give up all your magic,
submit yourself to destiny like the others,
and know that his light friendship, without strain now,
with no more obligations, anywhere,
an intensifying of this space you breathe,
is working in the element, thoughtlessly.
Henceforth dependent, never again empowered
to shape the torpid mouth into that call
at which he dived. Defenseless, aging, poor,
and yet still breathing
him
in, like a fragrance
spread endlessly, which makes the invisible
complete for the first time. Smiling that you ever
could summon him and feel so much at home
in that vast intimacy. Weeping too, perhaps,
when you remember how he loved and yet
wished to leave you: always both, at once.
(Have I let go already? I look on,
terrified by this man who has become
a duke again. How easily he draws
the wire through his head and hangs himself
up with the other puppets; then steps forward
to ask the audience for their applause
um Milde bittet.… Welcher Epilog
vollbrachter Herrschaft. Abtun, bloßes Dastehn
mit nichts als eigner Kraft: “und das ist wenig.”)
and their indulgence.… What consummate power:
to lay aside, to stand there nakedly
with no strength but one’s own, “which is most faint.”)
So angestrengt wider die starke Nacht
werfen sie ihre Stimmen ins Gelächter,
das schlecht verbrennt. O aufgelehnte Welt
voll Weigerung. Und atmet doch den Raum,
in dem die Sterne gehen. Siehe, dies
bedürfte nicht und könnte, der Entfernung
fremd hingegeben, in dem Übermaß
von Fernen sich ergehen, fort von uns.
Und nun geruhts und reicht uns ans Gesicht
wie der Geliebten Aufblick; schlägt sich auf
uns gegenüber und zerstreut vielleicht
an uns sein Dasein. Und wir sinds nicht wert.
Vielleicht entziehts den Engeln etwas Kraft,
daß nach uns her der Sternenhimmel nachgiebt
und uns hereinhängt ins getrübte Schicksal.
Umsonst. Denn wer gewahrts? Und wo es einer
gewärtig wird: wer darf noch an den Nacht-Raum
die Stirne lehnen wie ans eigne Fenster?
Wer hat dies nicht verleugnet? Wer hat nicht
in dieses eingeborne Element
gefälschte, schlechte, nachgemachte Nächte
hereingeschleppt und sich daran begnügt?
Wir lassen Götter stehn um gohren Abfall,
denn Götter locken nicht. Sie haben Dasein
und nichts als Dasein, Überfluß von Dasein,
doch nicht Geruch, nicht Wink. Nichts ist so stumm
wie eines Gottes Mund. Schön wie ein Schwan
auf seiner Ewigkeit grundlosen Fläche:
so zieht der Gott und taucht und schont sein Weiß.
Alles verführt. Der kleine Vogel selbst
tut Zwang an uns aus seinem reinen Laubwerk,
die Blume hat nicht Raum und drängt herüber;
was will der Wind nicht alles? Nur der Gott,
wie eine Säule, läßt vorbei, verteilend
hoch oben, wo er trägt, nach beiden Seiten
die leichte Wölbung seines Gleichmuts.
Straining so hard against the strength of night,
they fling their tiny voices on the laughter
that will not burn. Oh disobedient world,
full of refusal. And yet it breathes the space
in which the stars revolve. It doesn’t need us,
and, at any time, abandoned to the distance,
could spin off in remoteness, far from us.
And now it deigns to touch our faces, softly,
like a loved woman’s glance; it opens up
in front of us, and may be spilling out
its essence on us. And we are not worth it.
Perhaps the angels’ power is slightly lessened
when the sky with all its stars bends down to us
and hangs us here, into our cloudy fate.
In vain. For who has noticed it? And even
if someone has: who dares to lean his forehead
against the night as on a bedroom window?
Who has not disavowed it? Who has not
dragged into this pure inborn element
nights shammed and counterfeited, tinsel-nights,
and been content (how easily) with those?
We ignore the gods and fill our minds with trash.
For gods do not entice. They have their being,
and nothing else: an overflow of being.
Not scent or gesture. Nothing is so mute
as a god’s mouth. As lovely as a swan
on its eternity of unfathomed surface,
the god glides by, plunges, and spares his whiteness.
Everything tempts. Even the little bird,
unseen among the pure leaves, can compel us;
the flower needs space and forces its way over;
what doesn’t the wind lay claim to? Only the god,
like a pillar, lets us pass, distributing
high up, where he supports, to either side
the light arch of his equanimity.
Unwissend vor dem Himmel meines Lebens,
anstaunend steh ich. O die großen Sterne.
Aufgehendes und Niederstieg. Wie still.
Als war ich nicht. Nehm ich denn Teil? Entriet ich
dem reinen Einfluß? Wechselt Flut und Ebbe
in meinem Blut nach dieser Ordnung? Abtun
will ich die Wünsche, jeden andern Anschluß,
mein Herz gewöhnen an sein Fernstes. Besser
es lebt im Schrecken seiner Sterne, als
zum Schein beschützt, von einer Näh beschwichtigt.
Ignorant before the heavens of my life,
I stand and gaze in wonder. Oh the vastness
of the stars. Their rising and descent. How still.
As if I didn’t exist. Do I have any
share in this? Have I somehow dispensed with
their pure effect? Does my blood’s ebb and flow
change with their changes? Let me put aside
every desire, every relationship
except this one, so that my heart grows used to
its farthest spaces. Better that it live
fully aware, in the terror of its stars, than
as if protected, soothed by what is near.
Überfließende Himmel verschwendeter Sterne
prachten über der Kümmernis. Statt in die Kissen,
weine hinauf. Hier, an dem weinenden schon,
an dem endenden Antlitz,
um sich greifend, beginnt der hin-
reißende Weltraum. Wer unterbricht,
wenn du dort hin drängst,
die Strömung? Keiner. Es sei denn,
daß du plötzlich ringst mit der gewaltigen Richtung
jener Gestirne nach dir. Atme.
Atme das Dunkel der Erde und wieder
aufschau! Wieder. Leicht und gesichtlos
lehnt sich von oben Tiefe dir an. Das gelöste
nachtenthaltne Gesicht giebt dem deinigen Raum.
Overflowing heavens of lavished stars
glory above your grief. Not into your pillow:
weep upward. Here, close to your weeping face,
close to your face that is ending,
begins the expansive, ravishing, trans-
figuring world-space. Who would interrupt,
once you appear there,
that current? No one. Only yourself,
if you suddenly struggled out of the powerful impulse
of those stars streaming toward you. Breathe.
Breathe-in the darkness of earth and again
look up! Again. Airy and faceless,
from above, the depths bend toward you. The face that is dissolved
and contained in the night will give more space to your own.