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Authors: Rainer Maria Rilke

Ahead of All Parting (4 page)

BOOK: Ahead of All Parting
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Und plötzlich ist er Flamme, ganz und gar.

Mit einem Blick entzündet sie ihr Haar

und dreht auf einmal mit gewagter Kunst

ihr ganzes Kleid in diese Feuersbrunst,

aus welcher sich, wie Schlangen die erschrecken,

die nackten Arme wach und klappernd strecken.

Und dann: als würde ihr das Feuer knapp,

nimmt sie es ganz zusamm und wirft es ab

sehr herrisch, mit hochmütiger Gebärde

und schaut: da liegt es rasend auf der Erde

und flammt noch immer und ergiebt sich nicht—.

Doch sieghaft, sicher und mit einem süßen

grüßenden Lächeln hebt sie ihr Gesicht

und stampft es aus mit kleinen festen Füßen.

SPANISH DANCER

As on all its sides a kitchen-match darts white

flickering tongues before it bursts into flame:

with the audience around her, quickened, hot,

her dance begins to flicker in the dark room.

And all at once it is completely fire.

One upward glance and she ignites her hair

and, whirling faster and faster, fans her dress

to passionate flames, till it becomes a furnace

from which, like startled rattlesnakes, the long

naked arms uncoil, aroused and clicking.

And then: as if the fire were too tight

around her body, she takes and flings it out

haughtily, with an imperious gesture,

and watches: it lies raging on the floor,

still blazing up, and the flames refuse to die—.

Till, moving with total confidence and a sweet

exultant smile, she looks up finally

and stamps it out with powerful small feet.

HETÄREN-GRÄBER

In ihren langen Haaren liegen sie

mit braunen, tief in sich gegangenen Gesichtern.

Die Augen zu wie vor zu vieler Ferne.

Skelette, Munde, Blumen. In den Munden

die glatten Zähne wie ein Reise-Schachspiel

aus Elfenbein in Reihen aufgestellt.

Und Blumen, gelbe Perlen, schlanke Knochen,

Hände und Hemden, welkende Gewebe

über dem eingestürzten Herzen. Aber

dort unter jenen Ringen, Talismanen

und augenblauen Steinen (Lieblings-Angedenken)

steht noch die stille Krypta des Geschlechtes,

bis an die Wölbung voll mit Blumenblättern.

Und wieder gelbe Perlen, weitverrollte,—

Schalen gebrannten Tones, deren Bug

ihr eignes Bild geziert hat, grüne Scherben

von Salben-Vasen, die wie Blumen duften,

und Formen kleiner Götter: Hausaltäre,

Hetärenhimmel mit entzückten Göttern.

Gesprengte Gürtel, flache Skarabäen,

kleine Figuren riesigen Geschlechtes,

ein Mund der lacht und Tanzende und Läufer,

goldene Fibeln, kleinen Bogen ähnlich

zur Jagd auf Tier- und Vogelamulette,

und lange Nadeln, zieres Hausgeräte

und eine runde Scherbe roten Grundes,

darauf, wie eines Eingangs schwarze Aufschrift,

die straffen Beine eines Viergespannes.

Und wieder Blumen, Perlen, die verrollt sind,

die hellen Lenden einer kleinen Leier,

und zwischen Schleiern, die gleich Nebeln fallen,

wie ausgekrochen aus des Schuhes Puppe:

des Fußgelenkes leichter Schmetterling.

So liegen sie mit Dingen angefüllt,

kostbaren Dingen, Steinen, Spielzeug, Hausrat,

TOMBS OF THE HETAERAE

They lie in their long hair, and the brown faces

have long ago withdrawn into themselves.

Eyes shut, as though before too great a distance.

Skeletons, mouths, flowers. Inside the mouths,

the shiny teeth like rows of pocket chessmen.

And flowers, yellow pearls, slender bones,

hands and tunics, woven cloth decaying

over the shriveled heart. But there, beneath

those rings, beneath the talismans and gems

and precious stones like blue eyes (lovers’ keepsakes),

there still remains the silent crypt of sex,

filled to its vaulted roof with flower-petals.

And yellow pearls again, unstrung and scattered,

vessels of fired clay on which their own

portraits once were painted, the green fragments

of perfume jars that smelled like flowers, and images

of little household gods upon their altars:

courtesan-heavens with enraptured gods.

Broken waistbands, scarabs carved in jade,

small statues with enormous genitals,

a laughing mouth, dancing-girls, runners,

golden clasps that look like tiny bows

for shooting bird- and beast-shaped amulets,

ornamented knives and spoons, long needles,

a roundish light-red potsherd upon which

the stiff legs of a team of horses stand

like the dark inscription above an entryway.

And flowers again, pearls that have rolled apart,

the shining flanks of a little gilded lyre;

and in between the veils that fall like mist,

as though crept out from the sandal’s chrysalis:

the delicate pale butterfly of the ankle.

And so they lie, filled to the brim with Things,

expensive Things, jewels, toys, utensils,

 

zerschlagnem Tand (was alles in sie abfiel),

und dunkeln wie der Grund von einem Fluß.

Flußbetten waren sie,

darüber hin in kurzen schnellen Wellen

(die weiter wollten zu dem nächsten Leben)

die Leiber vieler Jünglinge sich stürzten

und in denen der Männer Ströme rauschten.

Und manchmal brachen Knaben aus den Bergen

der Kindheit, kamen zagen Falles nieder

und spielten mit den Dingen auf dem Grunde,

bis das Gefälle ihr Gefühl ergriff:

Dann füllten sie mit flachem klaren Wasser

die ganze Breite dieses breiten Weges

und trieben Wirbel an den tiefen Stellen;

und spiegelten zum ersten Mal die Ufer

und ferne Vogelrufe—, während hoch

die Sternennächte eines süßen Landes

in Himmel wuchsen, die sich nirgends schlössen.

broken trinkets (how much fell into them!)

and they darken as a river’s bottom darkens.

For they
were
riverbeds once,

and over them in brief, impetuous waves

(each wanting to prolong itself, forever)

the bodies of countless adolescents surged;

and in them roared the currents of grown men.

And sometimes boys would burst forth from the mountains

of childhood, would descend in timid streams

and play with what they found on the river’s bottom,

until the steep slope gripped their consciousness:

Then they filled, with clear, shallow water,

the whole breadth of this broad canal, and set

little whirlpools turning in the depths,

and for the first time mirrored the green banks

and distant calls of birds—, while in the sky

the starry nights of another, sweeter country

blossomed above them and would never close.

ORPHEUS. EURYDIKE. HERMES

Das war der Seelen wunderliches Bergwerk.

Wie stille Silbererze gingen sie

als Adern durch sein Dunkel. Zwischen Wurzeln

entsprang das Blut, das fortgeht zu den Menschen,

und schwer wie Porphyr sah es aus im Dunkel.

Sonst war nichts Rotes.

Felsen waren da

und wesenlose Wälder. Brücken über Leeres

und jener große graue blinde Teich,

der über seinem fernen Grunde hing

wie Regenhimmel über einer Landschaft.

Und zwischen Wiesen, sanft und voller Langmut,

erschien des einen Weges blasser Streifen,

wie eine lange Bleiche hingelegt.

Und dieses einen Weges kamen sie.

Voran der schlanke Mann im blauen Mantel,

der stumm und ungeduldig vor sich aussah.

Ohne zu kauen fraß sein Schritt den Weg

in großen Bissen; seine Hände hingen

schwer und verschlossen aus dem Fall der Falten

und wußten nicht mehr von der leichten Leier,

die in die Linke eingewachsen war

wie Rosenranken in den Ast des Ölbaums.

Und seine Sinne waren wie entzweit:

indes der Blick ihm wie ein Hund vorauslief,

umkehrte, kam und immer wieder weit

und wartend an der nächsten Wendung stand,—

blieb sein Gehör wie ein Geruch zurück.

Manchmal erschien es ihm als reichte es

bis an das Gehen jener beiden andern,

die folgen sollten diesen ganzen Aufstieg.

Dann wieder wars nur seines Steigens Nachklang

ORPHEUS. EURYDICE. HERMES

That was the deep uncanny mine of souls.

Like veins of silver ore, they silently

moved through its massive darkness. Blood welled up

among the roots, on its way to the world of men,

and in the dark it looked as hard as stone.

Nothing else was red.

There were cliffs there,

and forests made of mist. There were bridges

spanning the void, and that great gray blind lake

which hung above its distant bottom

like the sky on a rainy day above a landscape.

And through the gentle, unresisting meadows

one pale path unrolled like a strip of cotton.

Down this path they were coming.

In front, the slender man in the blue cloak—

mute, impatient, looking straight ahead.

In large, greedy, unchewed bites his walk

devoured the path; his hands hung at his sides,

tight and heavy, out of the falling folds,

no longer conscious of the delicate lyre

which had grown into his left arm, like a slip

of roses grafted onto an olive tree.

His senses felt as though they were split in two:

his sight would race ahead of him like a dog,

stop, come back, then rushing off again

would stand, impatient, at the path’s next turn,—

but his hearing, like an odor, stayed behind.

Sometimes it seemed to him as though it reached

back to the footsteps of those other two

who were to follow him, up the long path home.

But then, once more, it was just his own steps’ echo,

 

und seines Mantels Wind was hinter ihm war.

Er aber sagte sich, sie kämen doch;

sagte es laut und hörte sich verhallen.

Sie kämen doch, nur wärens zwei

die furchtbar leise gingen. Dürfte er

sich einmal wenden (wäre das Zurückschaun

nicht die Zersetzung dieses ganzen Werkes,

das erst vollbracht wird), müßte er sie sehen,

die beiden Leisen, die ihm schweigend nachgehn:

Den Gott des Ganges und der weiten Botschaft,

die Reisehaube über hellen Augen,

den schlanken Stab hertragend vor dem Leibe

und flügelschlagend an den Fußgelenken;

und seiner linken Hand gegeben:
sie.

Die So-geliebte, daß aus einer Leier

mehr Klage kam als je aus Klagefrauen;

daß eine Welt aus Klage ward, in der

alles noch einmal da war: Wald und Tal

und Weg und Ortschaft, Feld und Fluß und Tier;

und daß um diese Klage-Welt, ganz so

wie um die andre Erde, eine Sonne

und ein gestirnter stiller Himmel ging,

ein Klage-Himmel mit entstellten Sternen—:

Diese So-geliebte.

Sie aber ging an jenes Gottes Hand,

den Schritt beschränkt von langen Leichenbändern,

unsicher, sanft und ohne Ungeduld.

Sie war in sich, wie Eine hoher Hoffnung,

und dachte nicht des Mannes, der voranging,

und nicht des Weges, der ins Leben aufstieg.

Sie war in sich. Und ihr Gestorbensein

erfüllte sie wie Fülle.

Wie eine Frucht von Süßigkeit und Dunkel,

so war sie voll von ihrem großen Tode,

der also neu war, daß sie nichts begriff.

*

 

or the wind inside his cloak, that made the sound.

He said to himself, they had to be behind him;

said it aloud and heard it fade away.

They had to be behind him, but their steps

were ominously soft. If only he could

turn around, just once (but looking back

would ruin this entire work, so near

completion), then he could not fail to see them,

those other two, who followed him so softly:

The god of speed and distant messages,

a traveler’s hood above his shining eyes,

his slender staff held out in front of him,

and little wings fluttering at his ankles;

and on his left arm, barely touching it:
she.

A woman so loved that from one lyre there came

more lament than from all lamenting women;

that a whole world of lament arose, in which

all nature reappeared: forest and valley,

road and village, field and stream and animal;

and that around this lament-world, even as

around the other earth, a sun revolved

and a silent star-filled heaven, a lament-

heaven, with its own, disfigured stars—:

So greatly was she loved.

But now she walked beside the graceful god,

her steps constricted by the trailing graveclothes,

uncertain, gentle, and without impatience.

She was deep within herself, like a woman heavy

with child, and did not see the man in front

or the path ascending steeply into life.

Deep within herself. Being dead

filled her beyond fulfillment. Like a fruit

suffused with its own mystery and sweetness,

she was filled with her vast death, which was so new,

she could not understand that it had happened.

*

 

Sie war in einem neuen Mädchentum

und unberührbar; ihr Geschlecht war zu

wie eine junge Blume gegen Abend,

und ihre Hände waren der Vermählung

so sehr entwöhnt, daß selbst des leichten Gottes

unendlich leise, leitende Berührung

sie kränkte wie zu sehr Vertraulichkeit.

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