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Authors: Allan Guthrie

Hard Man (17 page)

BOOK: Hard Man
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Es war auch keine große Hilfe, dass der Wichser ihm die Kanone noch einmal über den Schädel zog. Genau auf den Mittelscheitel diesmal.

Ein letzter Versuch, auf die Beine zu kommen. Nix. Scheiße! Er würde nirgendwohin gehen.

PITCH BLACK

 

Als Pearce aufwachte, bereute er es sofort. Schmerzen im Kopf, in der Wange, in der Seite, im Knöchel des kleinen Fingers. Er wusste nicht, welcher am schlimmsten war. Er versuchte, sich nicht auf einen zu konzentrieren, sie alle miteinander verschmelzen zu lassen, damit es einfach nur überall wehtat. Viel besser so. Sekundenweise ging es so gut, dass er kaum etwas spürte.

Er versuchte sich aufzusetzen, aber es ging nicht. Ein Gürtel oder ein Seil spannte sich über seine Brust und hielt ihn unten. Seine Handgelenke waren an das, worauf er lag, festgebunden. Und als er versuchte, die Beine zu bewegen, wurde dies durch Riemen über seinen Schienbeinen und Oberschenkeln verhindert.

Das gefiel ihm nicht. Gefesseltsein. Das hatte er sich immer als das Allerschlimmste vorgestellt.

Noch schlimmer wurde das alles dadurch, dass es stockfinster war. Er kniff die Augen zusammen und öffnete sie wieder. Kunterbunte Funken blitzten in der Dunkelheit auf.

Okay, er konnte sich also nicht bewegen, und er konnte nichts sehen. Und er spürte beträchtliche Schmerzen in verschiedenen Teilen seiner Anatomie. Noch schlimmer konnte es nicht kommen, oder? Okay, da war doch noch was. Ein unchristlicher Gestank. Gleich als er aufgewacht war, hatte er den unbestimmten Eindruck gehabt, etwas Ekelhaftes würde ihm die Nasenlöcher hochkriechen.

Jetzt hatte sich der Gestank in seiner Nase eingenistet wie zwei kleine verwesende Nagetiere.

Wenn man es recht bedachte, konnten es sehr wohl verwesende Tiere sein, was er da roch. Es war die gleiche Art von Gestank. Und wenn, dann waren sie ausgeweidet und in die eigenen Gedärme gewickelt worden.

Er versuchte, durch den Mund zu atmen, aber der Geschmack war genauso übel wie der Geruch. Indem er abwechselnd durch Nase und Mund atmete, schaffte er es gerade so, seinen Würgereflex im Zaum zu halten. Er wusste, wenn er zehn Minuten überstand, hatte er sich daran gewöhnt. Inzwischen konnte er sich auf wichtigere Dinge konzentrieren. Wie etwa, herauszufinden, wo er war.

Viele Hinweise hatte er nicht gerade. Konnte nichts sehen. Konnte nichts riechen außer diesem Verwesungsgestank. Aber seine Ohren funktionierten. Vielleicht konnte er an einem zufälligen verräterischen Geräusch etwas über seinen Aufenthaltsort heraushören. Obwohl er nicht so recht wusste, welche Art von Geräusch er in seiner Lage erwarten sollte: Verkehr, Gesprächsfetzen, Fernsehgeräusche aus einem anderen Raum, ein Paar, das es gerade trieb. Nichts. Nicht einmal ein gelegentliches Gurgeln in den Rohren.

An die Rohre hätte er nicht denken dürfen. Schwerer Fehler. Der verdammte Geruch traf ihn wieder mit voller Wucht. Er schluckte.

Nicht denken! Horchen!

Aber es war genauso still wie dunkel. Eine Stille und Dunkelheit, wie man sie nur selten antraf. Irgendwie künstlich.

Das einzige Geräusch war sein Atmen. Es war schnell. Zu schnell. In den Schläfen konnte er seinen Herzschlag spüren. Er hatte das Gefühl, sich zu drehen, obwohl er lag. Zumindest glaubte er, dass er lag. Er atmete wieder durch die Nase - oh Mann -, zwang sich dazu, sich zu beruhigen. Panik würde jetzt überhaupt nichts helfen. Was stimmte denn nur nicht mit ihm, verdammte Scheiße!

Er musste sofort ruhig werden, verflucht noch mal.

Mach schon. Reiß dich am Riemen.

Du kriegst das jetzt raus.

Wie lange war er schon hier? Es konnte Nacht sein. Konnte Tag sein. Unmöglich zu sagen.

Wenn es noch Tag war, hätte ein Raum mit Fenster sicher Licht hereingelassen, auch bei zugezogenen Vorhängen. Es sei denn, die Fenster waren verrammelt. Er hob den Kopf, so hoch er konnte, wobei er das heftige Pochen in seinem Schädel ignorierte, und bewegte die Augen hin und her, für den unwahrscheinlichen Fall, dass ihm irgendwie ein Lichtschimmer entgangen war. Unter einer Tür vielleicht. Er konnte den Kopf jedoch nicht weit genug bewegen, um so tief nach unten zu sehen. Wenigstens glaubte er das. In der Dunkelheit konnte man das unmöglich wissen.

Konnte der Keller von Wallace sein.

Oder vielleicht war es Nacht.

Oder vielleicht hatte Wallace ihn in seinen Range Rover geschleppt und ihn in ein verlassenes Lagerhaus gebracht.

Allerdings unwahrscheinlich. Wallace hätte nicht riskiert, von den Nachbarn dabei gesehen zu werden, wie er einen bewusstlosen Mann in seinem Auto verstaute.

Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Scheiße >vielleicht<. >Vielleicht würde ihm nicht hier raushelfen.< Und er musste hier raus. Der Gestank brachte ihn langsam zum Kotzen. Und wenn er kotzen musste, dann wusste er nicht mal, wo oben war.

Wo war er bloß, Scheiße noch eins? Aller Wahrscheinlichkeit und der Stille nach war er in einem Raum ohne Fenster. Also im Keller, wie er bereits vermutet hatte. Weniger gut. Aber so weit war er wenigstens schon mal.

Mutterseelenallein im Keller von Wallace, an etwas angeschnallt. Ein Bett. Okay, das unter ihm schien eine Matratze zu sein. Jedenfalls gab es nach.

Hätte schlimmer sein können. Wallace hätte ihn umbringen können. Am Leben war Pearce wenigstens. Obwohl er nicht wusste, wie lange noch. Zu erraten, was Wallace vorhatte, war unmöglich. Vielleicht wollte er ihn hierlassen, damit er verhungerte. Also, das würde nicht funktionieren. Pearce würde zwar Hunger bekommen, das schon, aber sterben würde er vor Durst, oder? Vielleicht war das ja der Plan. Ziemlich beschissene Todesart, zu verdursten.

Um Himmels willen, er hatte es schon wieder gemacht. Verdammt scheißclever, sich diese Laus in den Kopf zu setzen. Jemand müsste ihn abschalten. Jetzt konnte er an nichts anderes mehr denken als daran, wie sehr er einen Schluck Wasser wollte. Stellte sich die kühle Flasche Highland Spring in seinem Kühlschrank vor. Fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Sein Mund war total ausgetrocknet. Es fühlte sich an, als würde er einen zementierten Weg ablecken.

Und je mehr er darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher erschien es ihm, dass ein Schluck auch den verfluchten ekelhaften Geruch beseitigen würde. Nein, das war unlogisch. Ein Schluck Wasser würde den Geruch nicht überdecken, das wusste er.

Scheiße, war das dunkel.

Wallace wollte ihn nicht wirklich umbringen, oder? Nicht einfach so, Scheiße noch mal. Das war doch lächerlich.

»Leck mich!«, schrie Pearce. Seine Stimme prallte von irgendetwas ab und schlug zu ihm zurück. Er vermutete, dass er in einem kleinen Raum war. Durch die Schreierei war seine Wut also doch nicht total vergeudet. Er wünschte nur, er könnte sie auch dazu benutzen, seine Fesseln zu sprengen. Ging das? Er bemühte sich, so gut er konnte. Spannte die Muskeln, bis sie brannten. Ohne Erfolg. Machte einen Riesenkrach. Und alles, was er damit erreichte, war vielleicht, dass Wallace merkte, dass sein Gefangener wach war. Und das wollte Pearce nun gewiss nicht. Noch nicht. Nicht bevor er kapiert hatte, was hier abging, und bis er die Quelle von diesem Scheißgestank entdeckt hatte.

Aber wem wollte er hier eigentlich was vormachen? Er wusste genau, was auf ihn wartete.

Das war seine Zukunft. Genau hier. Nach einer Weile würde er sich vollpissen. Irgendwann sich vollscheißen. Und er würde in seinem eigenen Dreck liegen und einen neuen Gestank einatmen müssen, bis er überhaupt nicht mehr atmen konnte.

Das war es, was Wallace wollte. So eine Sau.

»Wer ist da?«, rief eine Stimme aus dem Dunkel. Pearce blieb beinahe das Herz stehen.

 

Eine männliche Stimme, die sich jung anhörte, und es war nicht die von Wallace. Dennoch war Pearce bis jetzt ganz sicher gewesen, alleine zu sein. Er hatte gehorcht und nichts gehört. Außer seinem eigenen Atem. Vielleicht war es ja gar nicht sein eigenes Atmen, was er gehört hatte. Vielleicht war es das von diesem anderen Typen.

Pearce ging durch den Kopf, dass er vielleicht gestorben war. Scheiße, ja, das war möglich. Und wenn ja, dann war Pearce aber echt sauer. Es gab nichts Schlimmeres, als zu sterben und dann festzustellen, dass man angeschissen war, weil man nicht Tamburin spielen oder das Vaterunser richtig aufsagen konnte.

Die Stimme sprach erneut: »Wer ist da?«

Der Typ war eindeutig im gleichen Raum, vielleicht fünf Meter weit entfernt. Wieso hatte er die ganze Zeit nichts gesagt? Pearce war bereits seit einer Ewigkeit wach, ehe der Wichser zum ersten Mal das Maul aufgemacht hatte. Ach ja. Er konnte ja nicht wissen, dass Pearce wach war.

»Wer bist
du?«,
fragte Pearce.

»Eine arme Seele.«

Scheiße noch eins. »Wie lange bist du schon hier?«

»Länger, als ich’s wissen will.« Pearce versuchte es noch einmal. »Wie heißt du?«

»Das glaubst du mir nie.«

»Stell mich auf die Probe.« Pearce fragte sich erneut, ob er tot war. War das so unmöglich? Er war mit einem schweren Gegenstand auf den Kopf geschlagen worden. Er war in völliger Dunkelheit aufgewacht. Bewegungsunfähig. An einem Ort, der stank wie’s Arschloch der Hölle. Und jetzt hörte er auch noch Stimmen.

»Jesus«, sagte die Stimme.

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Heilige Scheiße. Pearce glaubte nicht an ein Leben nach dem Tod, aber das hier war schon verflucht abgefahren. Es gab keine Feuersbrunst und kein Geschrei gefolterter Seelen. Also war es nicht die Hölle. Obwohl, die Art von Himmel, von dem sie einem im Kindergottesdienst erzählten, war es auch nicht. Drauf geschissen. Allerdings bekam man auch keinen Durst, wenn man tot war. Und er war ausgetrocknet. »Ich schätze mal nicht, dass du mich losbinden kannst, Jesus?«, fragte er.

Gelächter.

»Das heißt dann wohl Nein«, sagte Pearce. »Kennst du Wallace?«

»In gewisser Weise«, sagte Jesus. »Sofern man kennen als …«

»Weißt du, wo wir sind?«

»In einer Welt des Chaos.«

Gott gebe ihm Kraft. »Ich hab’s ein bisschen genauer gemeint«, sagte Pearce. »Ist das sein Keller, wo wir hier sind?«

»Es ist ein Ort für arme Seelen. Bist du real?«

War er real? Der Typ hatte sie nicht mehr alle. »Na klar«, sagte Pearce. »Und du?«

»Ich weiß nicht«, sagte Jesus. »Ich bin so durcheinander im Kopf, dass ich denke, dass ich wahrscheinlich mit mir selber rede.«

»Tust du nicht«, sagte Pearce. »Du redest mit Pearce. Bist du schon lange hier?«

»Schon immer.«

»Wo sind wir?«

»Bei Wallace.«

»Keller?«

»Genau.«

Wenigstens das war geklärt. »Bist du auch an ein Bett gefesselt?«

»Ich bin in meinem Käfig.« Jesus rüttelte an etwas, was Gitterstäbe sein konnten, und fing an zu schreien.

Pearce hatte gleich beim ersten Anlauf recht gehabt. Das hier war eindeutig die Hölle.

Nein, die Hölle war, als Sekunden später das Licht anging. Ein blendender Schmerz blitzte hinter Pearces Augen auf, und Jesus rüttelte fester an seinen Stäben.

»Sei ruhig, du dreckiger Wichser, oder ich mach’s gleich hier und jetzt«, sagte Wallace. Augenblicklich Stille. Dann beugte Wallace sich über Pearce und sagte: »Gott weiß, wieso er immer weitermacht. Das Fenster ist zugemauert und schalldicht. Er weiß, dass ihn niemand hören kann.«

»Leck mich«, sagte Pearce.

»Willst du auch noch Krach machen?«, fragte Wallace und riss Pearce den kleinen Finger nach hinten, bis er schrie. »Das gefällt dir nicht? Dann mach ich’s noch mal«, sagte Wallace. »Wie geht’s übrigens deinem Kopf?«

 

Das Tierheim lag ein Stück die Straße runter in östlicher Richtung gleich hinter den zahllosen Autohändlern auf der Seafield Road. Pearce wusste von keinem Bus, der in diese Richtung fuhr. Der 12er vielleicht. Es musste einen geben, aber er würde zu Fuß gehen. Der Tag war heiß und trocken, und die körperliche Anstrengung würde ihm guttun.

Er war zuvor schon in der Tierhandlung auf der Portobello High Street gewesen. War eine Weile stehen geblieben und hatte den Wüstenrennmäusen zugeschaut. Ein weißes Männchen und ein beiges Weibchen in getrennten Käfigen. Mann, konnten die kleinen Biester springen. Rasch mal hopp-hopp-hopp, und sie waren bei ihren Wasserflaschen. Und neugierig noch dazu. Kamen ans Gitter und fingen an, mit ihren Vorderpfoten dagegenzutrommeln. Känguruboxen, passend zu ihren Kängurubeinen.

In einem Käfig daneben saß ein einsamer braun-weißer Goldhamster, der sich in der Ecke neben seinem Futternapf sauber machte. Er hatte sich auf den Hinterläufen aufgerichtet und die Eier nach vorn gereckt. Junge, waren das dicke Dinger. Hätten ein gutes Ruhekissen für eine Goldhamsterin abgegeben. Der kleine Bursche ließ sich gerade ein bisschen zu sehr mitreißen von seiner ganzen Saubermacherei. Sein kleines rosa Pimmelchen ragte aus seinem Fell. Und er leckte mit einer an Besessenheit grenzenden Hingabe daran herum. Er ließ erst davon ab, als ein winziger Batzen dicker weißer Sahne zum Vorschein kam, der kleben blieb wie frisch herausgedrückte Zahncreme aus einer winzigen Tube. Ohne weitere Umstände packte er den Spermabollen mit den Zähnen und schmiss ihn quer durch den Käfig.

Pearce hätte den kleinen Kerl am liebsten mit nach Hause genommen. Vielleicht Jodie Foster zum Essen eingeladen. Dann hätte sie an dem Hamsterkäfig vorbeigehen können, während er ihr seinen Rotz entgegenschleuderte, auch wenn er ihr nicht sagen konnte, er könne ihre Fotze riechen. Doch Pearce war nicht hier, um ein Nagetier zu kaufen. Nein, er war hier wegen eines Hundenapfs, eines Habbands und einer ausziehbaren Leine.

Gesagt, getan.

Er verließ den Laden mit beschwingtem Schritt. So ähnlich wie die Rennmäuse, aber nicht so stark ausgeprägt. Jedenfalls hatte er eine Flasche Wasser im Kühlschrank.

Weitaus weniger Schwung im Schritt hatte er, als er beim Tierheim ankam. Junge, so ungern er es auch zugab, er war seit Jahren nicht mehr so aufgeregt gewesen. Zum Glück verfügte er über ein bisschen mehr Selbstbeherrschung als der Gemeine Goldhamster.

Ruckartig wachte Pearce auf, den Mund so trocken, als hätte er an einem Ytong-Block gelutscht, und sein Kopf wummerte, als hätte man ihn die ganze Nacht über dazu benutzt, eine Fahrstuhltür aufzuzwängen. Das Letzte, woran er sich erinnerte, war, dass so ein Typ, der dachte, er sei Jesus, an seinen Käfigstangen gerüttelt hatte, dann war Wallace aufgekreuzt, der Pearce den kleinen Finger umgebogen hatte, bis die ganze Hand vor Schmerz pochte. Dann hatte er sich danach erkundigt, wie es Pearces Kopf nach dem Schlag mit der Pistole ginge. Er hatte Wallace gesagt, er könne ihn mal. Wallace hatte Pearce daraufhin auf Gesicht und Kopf geschlagen, bis Pearce das Bewusstsein verloren hatte.

BOOK: Hard Man
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