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Authors: Allan Guthrie

Hard Man (15 page)

BOOK: Hard Man
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»Wenn ich ‘ne Kippe schnorren wollte, würd ich fragen. Ich rauch nicht mehr.«

»Okay.« Jacob steckte die Zigarette wieder in die Packung. Die andere dazu. »Dann rauch ich auch keine.« Er trommelte mit den Fingern auf dem Tisch. Fragte sich unwillkürlich, wie Pearce vorankam. »Scheiß drauf«, sagte er. »Gib uns ‘n
scone
rüber.«

 

Baxter hatte Pearce geraten, zu warten, bis Wallace nach Hause kam. Würde nicht lange dauern, hatte er gesagt. Jetzt war es zehn nach vier.

Von wegen.

»Geben Sie mir die Adresse von seinem Arbeitsplatz«, hatte Pearce gesagt.

»Zu öffentlich.«

»Zu öffentlich für was?«

»Hören Sie, Sie können da nicht hingehen.«

»Was sollte mich daran hindern?«

»Das ist keine gute Idee, Mr. Pearce.«

Ah, jetzt sind wir wieder beim Mister. Pearce hob die Stimme. »Wenn Sie sie mir nicht geben, find ich sie selber raus.«

»Er wird dort unter Kollegen sein. Zu Hause ist er ganz allein. Wenn Sie warten …«

»Außer Wallace wird keinem was passieren.«

»Woher wollen Sie das wissen? Er hat eine Kanone.«

»Die wird er sich vom Hals geschafft haben, wenn er einen Funken Verstand hat«, sagte Pearce. »Geben Sie mir die Scheißadresse.«

Baxter gab ihm die Adresse von Wallaces Arbeitsstelle.

Als Pearce aufgelegt hatte, durchforstete er die Küchenschränke nach den beiden Messern, die er den Baxterbrüdern abgenommen hatte. Fand sie unter den Geschirrtüchern seiner Mum. Entschied sich für das von Flash, weil es größer und schärfer war.

Er hätte sich auch eine Kanone besorgen können. Er kannte einen Typen, der welche verkaufte. Wusste, wie er an ihn rankommen konnte. Aber eine Kanone war nichts für Pearce. Einmal hatte er eine abgefeuert. Meilenweit danebengetroffen.

Er glaubte nicht, dass er mit einem Messer danebentreffen würde.

EIGHT

 

Wallace arbeitete bei einer Werbeagentur. Hätte man gar nicht gedacht, dass er ein Büromensch war, aber da konnte man sehen, wie so ein Ruf täuschen konnte. Das Büro lag versteckt in einer Seitenstraße drunten in Leith.

Pearce hatte ein Taxi genommen. Hatte dem Fahrer allerdings gesagt, er solle ihn am Ende des Walk rauslassen. Wollte nicht, dass sich der Fahrer an die Fuhre erinnerte, die er an dem Mordtag gehabt hatte.

Erst als eine junge Blondine mit Brille und erdbeerrotem Muttermal am Kinn die Tür zum Büro öffnete, wurde Pearce klar, dass er Wallace hier nicht umbringen konnte. Zu viele Zeugen. Von drinnen drangen Stimmen heraus. Von rechts vom Korridor. Nicht nur ein Zeuge, sondern mehrere. Baxter hatte recht gehabt. Pearce würde warten, bis Wallace nach Hause kam.

»Wallace da?«, sagte Pearce.

»Na klar. Möchten Sie reinkommen?«

»Nee.«

Sie wirkte verdutzt. »Sie möchten nicht reinkommen? Wenn Sie schon mal hier sind? Ich kann ihn auch für Sie herholen.«

»Schon gut.«

»Na schön, wenn Sie sicher sind …«

»Ja, ich verschwinde jetzt.«

»Also, ich …«

»Danke.«

»Darf ich fragen, wer Sie sind?«

»Ich komme später wieder.« Und Pearce ging, erstaunt, wie penetrant manche Leute sein können.

 

Pearce hatte zwei Möglichkeiten. Er konnte Wallace hier erledigen, vor seinem Büro. Relativ abgelegen, da es nicht an der Hauptstraße lag. Aber da waren seine Kollegen zu berücksichtigen. Unbeteiligte Zuschauer waren voll ätzend. Die zweite Möglichkeit war, zu Wallace nach Hause zu gehen und dort auf ihn zu warten.

Pearce rief Baxter an. Fragte, um welche Zeit Wallace Feierabend machte. Baxter sagte ihm, er solle dranbleiben, er würde May fragen.

Ein paar Minuten später war er wieder am Telefon. »Ist unterschiedlich«, sagte er.

 

Pearce fühlte sich, als hätte ihm jemand ein Loch in die Brust geboxt und die Faust drinnen gelassen. Kein schönes Gefühl. Letztes Mal hatte er sich bei der Beerdigung seiner Mutter so gefühlt. Es hatte ein paar Tage gedauert, bis er gespürt hatte, dass sich die Hand zurückzog. Und selbst dann war ein großes, hässliches Loch geblieben.

Ein Taxi kam an, und kurz darauf öffnete sich die Haustür von Nummer sechs. Eine junge Frau stieg ein, nachdem sie ihr Kind auf einem Kindersitz angeschnallt hatte. Sie wirkte nervös und müde.

Wallace wohnte nebenan, Nummer acht, in einer Wohnung mit direktem Zugang zur Straße. Allein. Die Fenster auf Straßenhöhe waren verrammelt, was den Eindruck erweckte, das untere Stockwerk sei unbewohnt. Entweder das, oder Wallace mochte es echt dunkel. Oder seine Fenster waren eingeschlagen worden, und er war noch nicht dazu gekommen, sie zu reparieren.

Da jetzt niemand im Haus war, gab es nichts, was Pearce daran hinderte, einzusteigen und es sich bequem zu machen. Wallace eine nette Überraschung zu bereiten, wenn er die Haustür öffnete. Verlockend.

 

Als er eingehender darüber nachdachte, wurde ihm natürlich klar, dass da doch etwas war, was ihn daran hinderte. Er hatte keine Ahnung, wie er einbrechen sollte. Jedenfalls nicht unauffällig. Er konnte die Tür eintreten, aber dabei konnte er gesehen werden. Hinzu kam, wenn er irgendwelche sichtbaren Schäden hinterließ, dann würde Wallace wissen, dass drinnen jemand auf ihn wartete.

Fürs Erste musste er einfach Abstand halten. Sich gegenüber auf die Mauer setzen und so tun, als telefonierte er übers Handy: um keinen Verdacht zu erregen. Dann Wallace erledigen, wenn er das Haus betrat.

Jawoll. Das roch nach militärischer Präzision.

Ah.

War das wirklich der beste Zeitpunkt, um ihn zu überfallen?

Vielleicht sollte er ihn besser erst mal nach Hause kommen, sich ein bisschen entspannen lassen. Dann konnte Pearce mit ihm machen, was er vor Jahren mit Priesdey gemacht hatte. Klingeln, und wenn der Wichser öffnete, ihn in Pantoffeln und mit einem Glas in der Hand überrumpeln. Ein Mann in Pantoffeln ist ein leichtes Ziel.

Andererseits war Wallace wohl kaum ein ganz so leichtes Opfer wie der Drogendealer.

Dieses Stück Scheiße hatte einen Ruf. Na ja, eine bestimmte Art von Ruf.

Und vielleicht war er ja gar nicht so entspannt. Schließlich hatte Pearce im Büro nach ihm gefragt, und garantiert hatte die nervige Blondine von seinem Besuch erzählt.

Na ja, scheiß drauf. Pearce spürte das Messer in seiner Jackentasche. Er wollte es hinter sich bringen. Daran, inwieweit Wallace gewappnet war, ließ sich nichts ändern. Und der Lauf der Gerechtigkeit ließ sich nicht aufhalten. Egal wie vorbereitet man war.

Er wusste, dass es Menschen gab, die ihn für sein Vorhaben verurteilen würden. Menschen, die, wenn er ihnen erzählte, was seinen Liebsten zugestoßen war, für seine gewaltsame Reaktion darauf zweifellos Verständnis haben würden. Aber weil Hilda ein Hund war, hielten sie dasselbe für nicht gerechtfertigt.

Nur ein Hund.

Na denn, scheiß auf sie. Hilda war nicht nur ein Hund. Hilda war
sein
Hund.

 

»Wallace ist der beste Verdächtige, den wir haben«, sagte Jacob zum x-ten Mal zu Flash.

»Wir brauchen ein Geständnis von ihm«, sagte Flash. »Nur so können wir sicher sein.« Er schaufelte einen Batzen Sahne auf sein viertes
scone.

»Ich glaube nicht, dass Pearce da mitspielt.«

»Nach dem, was Wallace mit seinem Hund gemacht hat?«

»Wallace wird bestreiten, dass er ihn auch nur angefasst hat.«

»Aber das wird ihm Pearce ja wohl kaum glauben, oder?« Flash biss von seinem Gebäckstück ab, kaute eine Weile und sagte dann: »Hör zu, ich bin sicher, dass Pearce nichts gegen ein paar Minuten Folter einzuwenden hätte. Vermutlich fände er die Idee sogar ziemlich gut.«

»Dann musst du ihn anrufen. Er hat vielleicht bereits andere Pläne.«

Es klingelte an der Tür. Flash stand auf.

»Das wird Norrie sein«, sagte Jacob. »Die Tür ist offen. Er kommt schon selber rein. Du rufst Pearce an.«

 

Pearce gab gerade vor, mit dem Handy zu telefonieren, als es klingelte. Er drückte die grüne Taste und sagte: »Reden Sie.«

Flash Baxter. Schon wieder. Pearce sollte ihm einen Gefallen tun. Er bat Pearce, Wallace zu foltern.

»Was soll ich machen?«, fragte Pearce.

»Ihn zu einem Geständnis zwingen.«

»Du hast sie ja nicht mehr alle.«

»Moment noch. Lass mich erkl…«

Pearce legte auf. Da führte er schon lieber Selbstgespräche.

 

Jacob wusste schon Bescheid, ehe Flash sagte: »Ich glaub, das war ein Nein.«

»Mach dir nichts draus«, sagte Jacob. »Es war sowieso unwahrscheinlich.«

Flash nahm sich noch ein
scone.

Norrie nahm sich auch eins. »Jacob Boss, die sind gut, toll, hervorragend«, sagte er. Dann biss er hinein. »Der Hund hat Flöhe«, sagte Flash. Jacob warf ihm einen Blick zu.

»Ehrlich, ich schwör’s.« Flash legte sein angebissenes, halbmondförmiges Gebäckstück hin, rollte seinen Ärmel auf und entblößte die bleiche Unterseite seines dürren Arms.

»Und was sollen wir da sehen?«, fragte Norrie.

Flash war ein dürrer Hering. Er vertilgte so viele
scones,
wie er sich in den Rachen schieben konnte, und blieb doch dünn wie ein Bleistift.

»Punkte«, sagte Flash.

»Siehst du Punkte, Jacob?«

Jacob zuckte die Achseln.

»Schaut doch hin.« Flash zeigte auf einen kleinen Pickel auf seinem Handgelenk. »Da ist einer.« Er bewegte seinen Finger zwei Millimeter abwärts. Jacob konnte überhaupt nichts sehen. Er bemerkte allerdings, dass Flash Dreck unter dem Fingernagel hatte. »Und da ist noch einer.«

»Ah, ja«, sagte Jacob.

»Hunderte.«

»Stimmt genau. Und das sind Flohbisse, oder?«

Flash fuhr auf seinem Stuhl zurück, als hätte Jacob schlechten Atem. »Was denn sonst?«

»Pearce hat dir also gesagt, du sollst ihn am Arsch lecken«, sagte Norrie. Er schaute Jacob an. »‘n Fünfziger, Boss«, sagte er und fuhr fort: »Und weshalb?«

Flash erzählte es ihm.

»Du wolltest ein Gest…ändnis aus ihm rausfoltern?«, sagte Norrie.

»Mittelalterlich, hm?«, sagte Jacob.

Norrie nickte. »Wieso braucht ihr ein Geständnis, Jungs?«

»Flash meint, es könnte da gewisse Zweifel geben, wer auf seinen Bruder geschossen hat.«

»Das soll doch wohl ‘n Witz sein, oder? Wallace hatte ein Motiv, die Gelegenheit und ’ne Scheißkanone - entschuldige meine Ausdrucksweise, Jacob.«

»Wirkt sehr überzeugend, stimmt schon«, sagte Jacob.

»Als Nächstes erzählt ihr mir noch, dass jemand anders Louis die Kehle durchgeschnitten hat.«

»So weit hab ich überhaupt nicht gedacht«, sagte Flash.

»Und du denkst, Wallace geht nur so weit und nicht weiter?«, sagte Norrie. Er war jetzt ganz bei der Sache, wedelte mit den Händen, verstreute Krümel in der Gegend. »Hunde aufschlitzen, okay, aber bei Kniescheiben ist Schluss? Schalt mal deinen Verstand ein, Flash. Wir reden hier von Wallace.«

»Pearce könnte ihn umbringen«, sagte Flash. »Ich wollte mir nur hundertprozentig sicher sein.«

»Ich bin mir hundertprozentig sicher«, sagte Norrie. »Was meinst du, Boss?«

»Hundertzehnprozentig«, sagte Jacob.

Norrie schaute achselzuckend Flash an. »Und was genau macht Pearce jetzt grade?«

»Wartet drauf, dass Wallace heimkommt«, sagte Jacob.

»Und was hat er dann vor?«

»Er denkt, dass Wallace seinen Hund abgemurkst hat«, sagte Jacob. »Als die Schwester von Pearce an ‘ner Überdosis Heroin gestorben ist, hat Pearce ihrem Dealer sechsundzwanzigmal ’nen Schraubenzieher reingerammt. Als die Mutter von Pearce beim Überfall auf ‘n Postamt erstochen wurde, hat Pearce dafür gesorgt, dass der Typ, der es gemacht hat, mit ’ner Schusswunde zwischen den Beinen von ‘nem hohen Gebäude gehüpft ist.«

»Aber Wallace hat ‘ne Kanone«, wandte Norrie ein.

»Vielleicht hat Pearce ja ‘ne schusssichere Weste«, sagte Flash.

»Pearce denkt, Wallace hat die Knarre entsorgt«, erklärte Jacob. »Wollen wir’s hoffen«, sagte Flash.

»Und wie geht’s dem Hund?«, fragte Norrie.

Flash nahm sich noch ein
scone
und fing an, es durchzuschneiden.

Jacob schüttelte den Kopf.

»Was?«, sagte Flash. »Krieg ich keine sechs?«

»Iss auf. Und gib Norrie Antwort.«

»May hat sich in das Vieh verliebt«, sagte Flash. »Sie ist unheimlich weichherzig. Da braucht nur was mit Fell anzukommen, und schon ist sie wieder wie ‘n Kind. Wird glatt zehn Jahre jünger.«

»Und der Hund ist sicher bei ‘ner Sechsjährigen?«

Flash warf ihm einen Blick zu, als wären sie im Pfarrhaus und Norries Dödel würde aus der Hose hängen. Dann nickte er leicht und sagte: »Witzig.«

Jacob spürte, dass ihm das Wasser in die Augen stieg, und fand es einigermaßen seltsam, dass ausgerechnet das ihn traurig machte. Herrgott, das passierte jetzt ständig. Er sah, wie jemand im Fernsehen geschlagen wurde, und wusste, dass es nur eine blöde Serie war, und fing an zu flennen.

Er musste hart sein. Musste die Fassade aufrechterhalten. Es spielte keine Rolle, dass hinter der Fassade alles Matsch war. Kein Rückgrat, das war Jacobs Problem. Er war nicht bereit gewesen, es mit Wallace aufzunehmen. Rog schon.

Jacob vermisste den Dicken.

»In Ordnung, wenn ich mir noch ‘n
scone
genehmige?«, fragte Norrie.

»Zieh gleich mit Flash«, sagte Jacob und stand auf. »Und bring ihm’s Zählen bei, wenn du schon dabei bist. Ich bin gleich wieder da.«

Vom Sitzen auf der Mauer war Pearce der Hintern eingeschlafen. Er hatte runterspringen und eine Weile auf dem Gehsteig hin und her laufen müssen, um die Beine zu lockern. Jetzt waren sie wieder okay, wie sein Hintern, aber es hatte sich ein Rhythmus eingespielt, den er nicht stören wollte.

Mit gesenktem Kopf knallte er beim Gehen die Absätze auf und versuchte, nicht auf die Rillen im Pflaster zu treten. Als es nach einer Weile langweilig wurde, variierte er: Jedes zweite Mal, wenn er daran vorbeikam, kickte er gegen einen leeren Milchkarton.

Warten machte ihm echt keinen Spaß. Pearce wollte es endlich hinter sich bringen.
Komm schon, Wallace, du Wichser.

Der Verkehr rollte vorbei.

Er bekam Übung darin, die Geräusche der verschiedenen Fahrzeuge herauszuhören, ohne hinzusehen. Motorrad. Lieferwagen. Ah, der hier war schwierig. Bus? Laster vielleicht? Er hob den Kopf, um nachzusehen. Erste Vermutung richtig. Einstöckiger Bus. Und auch noch vollgestopft. Ein kleines Kind ganz hinten, vier oder fünf, mit kahl rasiertem Kopf, lächelte ihm zu.

BOOK: Hard Man
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